Mir ist bewusst, die Geschichte von Laura und Vanessa ist aus einer Reihe von Gründen "speziell" - was hier wertneutral bzw. wertungsoffen gemeint ist. Man kann sie auf Grund ihrer gewissen Eigenheiten gerade besonders mögen, oder insbesondere ihretwegen eben nicht mit ihr warm werden. Das hängt ganz von den individuellen Interessen und Vorlieben des Lesers ab.
Zu den Eigenwilligkeiten der Geschichte gehört sicherlich an erster Stelle das Fehlen einer tragenden männlichen Figur. Sie dreht sich nun einmal ganz um die Verliebtheit eines jugendlichen Mädchens in ein - in den ersten beiden Versionen noch gleichaltriges, diesmal nun etwas älteres - anderes Mädchen.
Die übergroße Mehrheit der Leser von Geschichten auf Schambereich sind Männer, und vielen von ihnen fehlt dadurch vermutlich irgendwie eine handelnde Figur, mit der sie sich identifizieren und vermittelt über die sie an der Geschichte teilnehmen können. So was kann, je nachdem, wie man Geschichten gerne liest, schon eine Barriere sein.
Auch der "Kunstgriff", die Ich-Erzählerin Laura eben nicht als Personifikation des Lesers zu begreifen, sondern eben wirklich (nur) als Erzählerin, die ihm als sozusagen dritte Hauptfigur wie durch die vierte Wand hindurch von ihren Erlebnissen berichtet, funktioniert nicht für jeden. Denn nicht jeden interessiert, was ein weiblicher Teenager ihm von seiner ersten Verliebtheit zu erzählen hat.
Für so manchen Leser ist dieser eigene Lebensabschnitt zeitlich schon zu weit weg, er hat sich charakterlich wesentlich weiterentwickelt und ist auch in seiner Sexualität reifer und erfahrener geworden. Teenager haben Probleme, an die er sich vielleicht noch schemenhaft, halb augenrollend und halb augenzwinkernd, erinnern kann. Aber sie berühren ihn eben nicht mehr wirklich, weil er mit seinen Erfahrungen eines gereiften Erwachsenen sowohl andere Bedürfnisse als auch Probleme hat.
Darüber kann man den Bogen zum nächsten "Stoßpunkt" schlagen: (Einseitige weibliche) Nacktheit ist in dieser Geschichte nicht Mittel oder Weg, sondern überhaupt erst das Ziel! In der wohl deutlichen Mehrheit der Geschichten auf Schambereich sind die weiblichen Hauptfiguren - salopp gesagt - entweder "willig" oder einem unsausweichlichen Zwang ausgesetzt. Die Hüllen fallen schnell, zumeist ist das überhaupt erst Voraussetzung für die Entwicklung der weiteren Handlung.
Hier will die Geschichte von Laura und Vanessa den Leser ganz bewusst einmal in eine andere Richtung entführen: Was, wenn es mal gar nicht so einfach ist, die weibliche Hauptfigur (dazu zu bringen sich) auszuziehen? Wenn sich die Frage nach "spektakulärer" Enthüllung, Befriedigung oder - was bei vielen Kommentatoren ein schon wieder mindestens umstrittenes Thema ist - Erniedrigung gar nicht erst stellt, weil überhaupt erst das Ausziehen die Schwierigkeit und Herausforderung ist?
Auch den Reiz daran muss nicht jeder nachfühlen können. Manch älterem, dadurch reiferem und erfahrenerem Leser mag das sogar kindisch und albern erscheinen. Für die noch sehr junge Protagonistin Laura, die gerade neugierig ihre bewusste Sexualität entdeckt und erkundet, ist das hingegen eine aufregende Sache.
Und da im Mittelpunkt der Geschichte eben ihr Wünschen und Hoffen, Träumen und Sehnen steht, während an äußerer Handlung eigentlich nicht viel und insbesondere nichts "Spektakuläres" geschieht, ist diese eben in erster Linie ein innerer Monolog der Erzählerin über ihre Gedanken und Gefühle.
Inwiefern es mir gelingt, die innere Welt einer 15-Jährigen glaubhaft zu schildern, darüber mag man natürlich diskutieren. Ich bin immerhin auch schon 33, nehme aber für mich in Anspruch, noch durchaus präsente und lebendige Erinnerungen an meine Teenagerzeit zu haben. Und ein bisschen vom Autor steckt immer in seinen Figuren, egal wie anders gestrickt als er selbst ist er sie schildern will. Vielleicht ist Laura eben etwas "intellektuell frühreif", wie man es mir immer nachgesagt hat, und erzählt ihre Geschichte darum so, wie sie sie nun mal erzählt.