Es ist so, hier wird auf verschiedenen Ebenen und damit völlig unsachlich diskutiert.
Der EGMR hatte nicht die Aufgabe, dieses Gesetz im Einzelnen zu überprüfen. baer hat dies sehr anschaulich erklärt. Es gibt daher auch keinen Grund, dieses noch berufungsfähige Urteil zu kritisieren. Ganz im Gegenteil, der EGMR musste, rein europarechtlich, genausso entscheiden - dies stand schon lange vorher fest.
Und politisch war dieses Urteil mit absoluter Sicherheit auch nicht. Es ist müßig, hier die Unabhängigkeit der Gerichte anzusprechen. Mir scheint, als hätten die Gegner des Inzestparagraphen generell ein Problem mit der Legislative und der Exekutive hier in unserem Land oder gar in unserem Europa. Dazu gibt es, so sieht es unser Grundgesetz vor, freie Wahlen. Ein jeder mag dort seine Partei wählen. Wenn es sein muss sogar eine, die sich auf Inzest und absolute Freiheit im Internet konzentriert. Es bleibt allerdings die Frage, ob dies eine weise Entscheidung wäre.
Die Judikative, also die Gerichte im Allgemeinen, kann nur über das entscheiden, was der Gesetzgeber vorgibt. Es ist also reine Polemik oder zumindest Unwissenheit, hier von einem schändlichen oder gar einem politischen Urteil zu reden.
Ich stimme baer daher auf breiter Basis zu.
Aber um es nochmals klar und deutlich zu sagen, das BVerG hob in seinem Urteil von 2008 nicht ausschließlich auf Erbschäden ab:
Zitat
"Zudem diene das Inzestverbot dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. § 173 habe spezifische, durch die Nähe in der Familie bedingte oder in der Verwandtschaft wurzelnde Abhängigkeiten im Blick."
Sich hier allein auf die Erbschädenerklärung des höchsten deutschen Gerichts zu beschränken, ist Scheuklappendenken und einfach nur billig.
Zudem entschied das BVerG mit einer Mehrheit von 7:1 Stimmen. Sollten wir vielleicht eine diesbezügliche Minoritätendominanz mit etwaigem Volksabstimmungscharakter ins GG verankern?
Es wird, Piraten im Bundestag oder nicht, keine Aufhebung des § 173 StGB in absehbarer Zeit geben. Aber es wird eine Novellierung kommen, mit denen sicher wieder nicht alle einverstanden sein werden. Das wiederum, liebe Leute, ist aber Demokratie - ein jeder darf darüber denken, was er will, tun darf er rein rechtlich nur das, was nicht verboten ist. Und das ist auch gut so.
Anarchische, vielleicht auch nur unbedachte und/oder unwürdige Kommentare wie
Zitat
Was nutzt grundsaetzlich die Strafbarkeit von irgendetwas? Bekanntlich werden selbst Verbrechen, auf die die Todesstrafe steht, in den betreffenden Laendern froehlich weiter veruebt. (Nico S. hier im Thread)
bringen uns da kein bisschen weiter. Sachlichkeit ist gefragt!