Nico hat interessante Fragen aufgeworfen, die ich als Autorin gerne beantworten will - als Tag sozusagen
Empfinde ich eigene Lust beim Schreiben?
Ja, tue ich. Aber der Knackpunkt ist: Real kommt man binnen 30 min zur Sache (um mal von einer Sexszene auszugehen), das Schreiben dauert aber 3 Stunden oder länger - man ist stetig etwas horny und das erschöpft geistig und körperlich. Ich fühle nach, was meine Figuren durchleben, denn nur so bekommen sie Leben. Mir ist wichtig, dass die Reaktionen in der Realität passieren können, obwohl die Situation fiktiv ist. Allerdings stumpft man irgendwann ab - denn wenn man einen Szene oft genug geschrieben hat, weiß man, wie man sie schildern wird usw. - man kennt sich selbst genug. Außerdem ist Schreiben Arbeit - die Suche nach den richtigen Worten, die Angst sich zu wiederholen, das Wissen um das, was vorher passiert ist und noch kommt wird - das killt die Lust, weil es geistige Anstrengung erfordert. Aber wenn ich an den Punkt komme, an dem ich nix mehr empfinde, dann mache ich mir Gedanken - denn das wäre doof.
Wie lange arbeite ich im Durchschnitt an einem Text?
Das Wichtigste ist das SCHREIBEN - überarbeiten tue ich selten. Leider bin ich sehr faul, aber wenn ich im Fluss bin, komme ich auf 1 bis 2 Seiten pro Stunde. Zwischendurch renne ich auch aufgebracht zu meinem Testleser und schreie ihn an 'Diese und jene Stelle sind total grottig, anderes finde ich gut - was denkst du?' - und dann verbessert er. Es ist gut, Unterstützung zu haben und über Dinge nachzudenken, die er bemängelt - aber wirklich ändern tue ich nix - nur ausbessern Wenn alles fertig ist, geht er in Gänze zum Testleser, Tippfehler werden - soweit möglich - korrigiert - und dann geht er raus
Manchmal dauert dieser Prozess aber, denn wenn ich nich in Stimmung bin, dann schreibe ich schlecht. Manche setzen sich diszipliniert jeden Tag hin - das kann ich nicht. Dafür geht Schreiben aber vor, wenn ich einen guten Lauf habe. Ich glaube 'Ich musste noch die Szene beenden!' ist eine der charmantesten Entschuldigungen, wenn man zu spät kommt
Übrigens höre ich oft Musik - und wenn ich den Song gefunden habe, läuft er die ganze Szene lang - gerne auch 3 Stunden lang
Erstelle ich ein Konzept, bevor ich ein Buch schreiben?
Im Kopf - ja. Die Grundsituation steht fest, und da ich KG schreibe, weiß ich, dass sie irgendwann enden müssen. Dieses Ziel steht wie ein Magnet am Ende - damit ich nicht zu sehr abdrifte. Ansonsten lasse ich es einfach laufen, gucke, wie sich Figuren entwickeln.
Weiß ich, wie meine Bücher ausgehen?
Ich weiß, dass sie Enden - und da ich oft mit Rückblicken arbeite, geht das ganz gut. Ansonsten ergibt sich alles beim Schreiben
Ergänzung: Wie nah stehst du deinen Figuren?
Die weiblichen Charaktere orientieren sich an mir, sie tragen meinen Humor und manchmal auch meine Klamotten (die in Strawberry Ice habe ich z.B. tatsächlich besessen - aber nie gleichzeitig), aber ich gebe ihnen eine Prise Über-Ich mit - sie tun Dinge, die ich mich nich trauen würde. Und das ist gut, denn oft kann ich sagen: Wenn du es fiktiv getan hast, dann geht das auch real. Ich finde es schwer, sie als Figuren zu betrachten, gleichzeitig denke ich aber nicht an mich, wenn ich von ihnen lese. Ich schlümpfe in sie hinein und durchlebe das Geschehen - sie sind besessen von mir
Übrigens gebe ich jeder Figur ein paar Fakten mit, die defintiv von der Realität abweichen - z.B. die Enfernung beim Paragrafenhengst - er muss nich 50 km pendeln, sondern mehr
Bei den Männern habe ich auch eine Person im Kopf, die aber wechseln kann und nichts mit der Realität zu tun hat. Beim Paragrafenhengsten hatte ich zwar einen Bekannten im Kopf, zur Sache ging es aber gedanklich mit einem Schauspieler. Ich glaube, mir ist der Charakter wichtig und wie ich zu den realen Personen stehe.
Hast du alles probiert, was deine Charaktere tun? (hatte Nico angedeutet)
Nein Aber ich würde nie über etwas schreiben, was ich nich in Ansätzen getan habe oder tun würde. Ich hab nie einen Blowjob an einem Brunnen gegeben - aber ich weiß, wie man bläst, daher ging das. Würde ich aber über SM schreiben, ginge das schief - dass Schmerz angenehm sein kann, habe ich erfahren - aber solange man mich nicht auspeitscht, werde ich nicht darüber schreiben. Denn das würde man rauslesen - und sowas will ich nicht. Was ich schreibe, muss Schwanz und Vagina haben
Habe ich manchmal Angst davor, dass eines meiner Bücher zum Ladenhüter werden könnte?
Ich habe noch nichts veröffentlicht, aber ich würde den Druck nicht an mich heranlassen - daher ist es wichtig, neben dem Schreiben noch andere Interesse oder Berufe zu haben. Ich hab kein Problem damit, gute Werbung für mein Produkt zu machen. Aber ich will nicht zu einem dieser penetranten Autoren werden, die dreimal täglich kundtun müssen, wie toll sie ihr Buch finden, und wie sehr es wert ist gelesen zu werden!
Bin ich auf andere Autoren neidisch, wenn sich deren Bücher besser verkaufen?
Neid ist immer da, klar. Ironischerweise habe ich aber Angst vor der Angst - ich lese ungern Bücher, bei denen ich denke, dass sie besser als meine Texte sind. Denn dann könnte ich Angst haben, dass es mein Schreiben behindert. Das ist absurd, aber... bis jetzt habe ich jeden Text früher oder später gelesen. Und im Nachhinein lerne ich ihn schätzen - wenn der Autor nicht arrogant ist.... Sowas hasse ich: Sich wichtig machen und dann mittelmäßige Bücher schreiben - in diesen suchen ich auch nach jedem kleinen Fehler *abgedriftet*
Ich denke, man muss sich bewusst sein, dass man bestimmte Dinge besser kann als andere - und andere Autoren andere Stärken haben. Von Autorenkollegen weiß ich: Leser sind unberechenbar und denken manchmal einfach, nicht kunstvoll. Aber wenn man nur wenige Leser begeistern kann, dann ist das geil - denn sie sehen genau das in einem, was man selber fühlt.
Kann ein Mann wie eine Frau schreiben und umgekehrt?
Ich denke, man liest das raus. Frauen schreiben eine Spur empatischer. So ist meine Erfahrung. Zumindest, wenn es sich um einen Ich-Erzähler handelt. Da aber zu Sexgeschichten meisten zwei Figuren gehören, fällt das gar nicht ins Gewicht - denn die Charakter funktionieren als Gesamtheit, in jedem steckt ein Stück des Autors. Meistens hat man personale Perspektiven, sodass man den Gegenpol ohnehin durch die Augen des 'Sprechenden' sieht. Mir haben alle Frauenfiguren von Männer in den guten Geschichten hier gefallen, weil ich mich mit den Figuren identifizieren konnte. Trotzdem muss ich sagen: Bei der Ich-Perspektive - nein.
Oh, schon zu Ende Dann: Viel Spaß