Die neuen Schuhe

  • Link zur Story


    In "Die neuen Schuhe" wird nun schon zum 2. Mal im SB die Story aufgegriffen, die vor ca. 2 Jahren durch die Werbung der Handwerksinnung in die Phantasie des geneigten Publikums gerückt ist: Künstlich hergestellte Dinge zerfallen, übrig bleibt eine nackte Menschheit in mehr oder weniger natürlichem Zustand.


    So anschaulich und unterhaltsam sich das anfühlt, so schwierig ist es, den Gedanken umzusetzen. Der Autor dieser Version geht einen etwas anderen Weg, weicht sozusagen von der Vorlage ab: bei ihm ist es offenbar nur weibliche Kleidung (sowie sämtliche Kosmetika und Körperpflegeprodukte), die sich verflüchtigen. Eine Erklärung wird keine angeboten, die Figuren seiner Story nehmen die Veränderung mit leichter Irritation, doch ohne Panik zur Kenntnis. Kurz, hier wird ein surrealistischer Wunsch- bzw. Alptraum geschildert, und das wiederum macht die Story wohl so sperrig: zu künstlich inszeniert, um wirklich unterhaltsam zu wirken, und zu kurz, um eine eigene Dynamik zu entwickeln. Angesichts des jähen Endes mit seinem Ansatz sexueller Handlungen, also erzählerischer Dutzendware, wird es schwer, der Story wirklich mehr als die gute Absicht zuzusprechen.


    Und eine gute Absicht besteht durchaus. Eine massiv ungewöhnliche Situation wird recht anschaulich und einfallsreich geschildert; erzählerische Fähigkeiten sind zweifelsohne da. Dennoch - oder gerade deshalb - wäre es zu wünschen gewesen, wenn sich der Autor nicht allein von seiner Freude am geschilderten Bild hätte davon tragen lassen, sondern Aufbau und Entwicklung mit etwas mehr Ruhe und Sorgfalt reflektiert hätte. So bleibt der Gesamteindruck einer der Unvollständigkeit, eher ein paar Kleckse Farbe als ein Bild - wobei man betonen muss, dass diese Kleckse wirklich hübsch anzusehen, sprich zu lesen sind.


    Die Andeutung einer Fortsetzung gibt es nicht, und das ist vielleicht auch gut so, denn spätestens in einer 3. Folge (wenn man davon ausgeht, dass sich die 2. noch mit Wivola-artigem füllen ließe) wären wohl komplexere Ansätze nötig, um die Handlung weiter zu tragen.


    Mein Fazit: ein interessanter und in sich durchaus lesenswerter Versuch, doch das beste wäre, wenn der Autor diese Skizze beiseite legte und sich mit vollem Ernst auf einen weniger verwickelten, neuen Stoff konzentrieren würde. Eine realistische, durchdachte Story, in gleicher Weise wie "Die neuen Schuhe" sorgfältig und anschaulich erzählt, wäre sicher ein Genuss!


    Nico S.

  • Zitat

    Original von NicoS
    Der Autor dieser Version geht einen etwas anderen Weg, weicht sozusagen von der Vorlage ab: bei ihm ist es offenbar nur weibliche Kleidung (sowie sämtliche Kosmetika und Körperpflegeprodukte), die sich verflüchtigen.


    Nico S.


    Ich erinnere mich deutlich, von den sich auflösenden Anzügen zweier Herren gelesen zu haben...

  • NicoS, ich halte diese Geschichte in der Tat selbst für gescheitert. Sie einfach zu verwerfen wäre aber irgendwie auch schade gewesen, darum habe ich sie einfach mal hochgeladen - schon alleine weil in letzter Zeit für meinen Geschmack zu wenig von Haaren zu lesen war. ;)

  • Solange du nicht zu denen gehörst, die die ganze Frau "billig" finden, nur weil sie nicht auf Urwald steht ;)

    Hier gibt es Leute, die im Namen der political Correctness ehrliche Menschlichkeit vernichten um sich zu profilieren.


    So lange diese wandelnde Beleidigung hier sein Unwesen treibt, bin ich hier weg!
    Ciao

  • Lach, nein, kannst beruhigt sein Leseratte.


    Ich persönlich würde es zwar begrüßen, wenn man im Sommer mehr Mädels mit Achselhaaren oder wenigstens barfuß zu Jeans sehen würde, aber letztlich soll doch jede machen, was sie will.

  • Ich finde die Geschichte interessant.
    Der Autor verfügt über schreiberische Qualitäten, differenzierten Ausdruck und viel Fantasie.


    Die drastischen Schilderungen von Hitze, Schweiß und Haaren gefallen mir gut.


    Die Geschichte hätte einiges an Handlung zu bieten, was aber leider teilweise nicht richtig ausgeführt wird.
    Insofern muß ich Nico recht geben.


    baer

    Lector, intende,
    laetaberis!
    (Lieber Leser, paß auf, Du wirst Deinen Spaß haben! – Apuleus)

  • Endlich eine originäre Geschichte, mit leichter Hand geschrieben. Ein wenig inkonsequent zwar – nur Schmuckmetall verschwindet! -, dafür aber witzig und unterhaltsam. Auch dass eine Punkerin so schnell auf Haarige abfährt, ist wenig glaubhaft, dafür aber die Bemerkung zu Kate Moss sehr treffend.


    Gut, dass das alles im Sommer passierte, denn im Winter wäre dieses Phänomen nicht zu verantworten gewesen. ;) Und da bin ich bei dem Punkt, den schon Nico kritisierte: Es fehlt eine Erklärung für das Ganze. Die würde auch schwer fallen, denn in der Geschichte passiert zu viel, um es irgendwie erklären zu können.


    Besser wäre es, nur bestimmte Textilkleidung zerfallen zu lassen, alles andere aber nicht anzutasten. Diese Erscheinung könnte man nach einiger Zeit des Rätselratens glaubhaft mit Monate/Jahre zurückliegenden Produktionsumstellungen auf neuartige und wenig erprobte Stoffe begründen. Das hätte zur Folge gehabt, dass nur die modebewussten und daher vor allem jungen Menschen/Frauen betroffen wären. Der dadurch entstandene Kontrast zwischen den Angezogenen und den Nackten entspräche zudem ganz dem Thema dieser Seite.


    Vielleicht kannst du, fkkler34, die Geschichte in diesem Sinn noch umschreiben. Aber wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir vor allem um die (Scham)Haare. Das allerding sehe ich als wesentlich schwieriges Unterfangen an, weil die ja nicht nur wachsen, sondern auch nicht mehr zu entfernen sein sollen. Außerdem könntest du auch nur mit der sich auflösenden Kleidung ein Umkehr im Denken initiieren: Weil sich niemand seiner Kleidung sicher sein könnte, würde die Frauen zumindest die Schamhaare wachsen lassen, denn die bieten, im Gegensatz zu den bei den Männern, schon einen gewissen Blickschutz. :D

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Es gibt ein Bild von Magritte, das ein Tabakspfeife zeigt und darunter die Inschrift "CECI N`EST PAS UNE PIPE" - dies ist keine Tabakspfeife. An dieses Gemälde musste ich denken bei der Lektüre dieser Story. Da wird eine hanebüchene Prämisse erdichtet und, den Leser bis zur Vergasung schlauchend, erbarmungslos ausgebrütet. Es soll sozusagen kein Auge trocken und keine linke Brust, kein Schamdreieck unsichtbar bleiben. Der Autor sagte sich wohl, hier ist sie wieder, meine irrsinnige Idee, und die will ich jetzt mal weiter und weiter treiben. Aber es bleibt doch nur eine erloschene Pfeife und sonst nichts, so sehr der Verfasser auch das Gegenteil gedacht haben mag.

  • Mich hat die Story amüsiert.
    Surreal, humorvoll, ironisch. Mit Liebe zum Detail.
    Gut geschrieben.


    Was für ein Gedanke, wenn sowas wirklich passieren würde! Was da wohl auf den Straßen los wäre!


    Mir persönlich tat es um die Stiefel sehr, sehr leid. :D

  • Ich hätte es fesselnder gefunden, wenn in dieser Story, - bewirkt durch bestimmte Miasmen, - nur alles, was künstlich den Körpern hinzugefügt worden war, abgebröckelt wäre.


    Also etwa Plastikbrüste, Botox"Verschönerungen", Plastiknasen, aufgespritze Schamlippen, alle Schminke, Büstenheben, Haartoupets, künstliche Zähne, High Heels, Latex, jeder Schmuck, auch allle Piercings, Reizwäsche.


    Die Natur hätte dann endlich ihr selbstverständliches Recht gefordert. Und die Mädchen und Frauen wären plötzlich um ihrer selbst willen sexy und begehrenswert, nicht mehr aufgetakelt und kunstfigurenhaft, wie bis dato.

  • eti, deine Idee finde ich klasse!
    Vielleicht schreibt ja mal jemand so eine Geschichte...


    Irgendwie ist der Steinzeitspot der Handwerkskammer ( ) tatsächlich eine fixe Idee von mir, ich habe aber inzwischen alles dazu geschrieben, was mir im Kopf herumgeistert.
    Mit Ausnahme des sich daraus ergebenden wilden Kopulierens vielleicht, aber sowas kann ich nicht schreiben.

  • Naja... das Thema ist ja schon bekannt, es beschäftigt dich ja schon viele Geschichten lang.



    Aber diesmal finde ich es wirlich gelungen! Natürlich ist es etwas fantastisch, dass sich die Klamotten auflösen, aber ich mag den Kontrast: sowohl die Schickimicktussi als auch die Punkerin legen Wert auf ihr Äußeres, sie grenzen sich voneinander ab. Aber am Ende stehen sie auf der gleichen Stufe. auch die Charaktere sind gut gezeichnet, sie haben ihre eigene Sprache und während Pamela eher offen ist, ist Bettina reserviert.


    Das Motiv mit den Schuhe ist leider etwas untergegangen, man hätte ihm mehr Raum geben müssen, gerade, als sie sich auflösen.


    Das Ende hat Potential, dass Pamela nochmal klarstellt, dass Bettina ohne Klamotten viel schöner ist - aber ich verstehe nicht, warum sie die Schuhe mag. Ich verstehe, dass es Ironie ist, aber ich kapiere sie nicht.


    Gut war auch, dass Erotik zwar angesprochen, aber nich ausgebreitet wurde, das hätte nur die Stimmung zerstört.


    Sprachlich war es ok, manchmal etwas holprig, aber ich finde es gelungen!

    Kommentatorin aus Leidenschaft :-)

    Frei nach Erich Kästner (Theorie) und Klaus Mann (Praxis):

     Schreibe nur über Dinge, die du selbst erlebt hast. Aber pass auf, dass sich keiner wieder erkennt :P