Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Mann, den das Neue Testament als Jesus Christus schildert, gewiss nicht so einen traurigen Verein im Auge hatte wie den, der sich heute katholische Kirche nennt, als er mit Petrus sprach.
Nico S.
Schamgefühl - Ausgestorben?
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Mal eine Frage an baer66: seit wann gibt es Menschen?
Und eine Frage an alle:
Kann/sollte/muss man Nazis ernst nehmen?
Manche höre ich sagen: Auf keinen Fall, denn die Ideologie spottet jeder Vernunft. Und wer sich auf eine ernsthafte Diskussion mit ihnen einlässt, der begibt sich auf ihr Niveau herab.
Andere sagen: Man muss ihren Einfluss in der bzw. auf die Gesellschaft ernst nehmen. Muss die Leute, die sie wählen und deren Gedankengut und Glauben in sich tragen...
Muss den Menschen zeigen, was die bessere Alternative ist.... wir alle kennen die Debatte.
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Zitat
Original von fil84
Und eine Frage an alle:
Kann/sollte/muss man Nazis ernst nehmen?
Fil , ja ich nehm die ernst !
Und ich muss sagen, ich habe auch Angst !zumal in meiner nähe sich auch eine hochburg von denen befindet
also - neo-nazis...und was die vergangenheit betrifft:
die grosseltern meiner mutter haben die Shoah überlebt... die grosseltern meines vaters hatten dieses glück nichtZitatOriginal von NicoS
Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Mann, den das Neue Testament als Jesus Christus schildert, gewiss nicht so einen traurigen Verein im Auge hatte wie den, der sich heute katholische Kirche nennt, als er mit Petrus sprach.
Nico S.
NicoS , ich glaube Jesus würde sich im Grabe umdrehen, wenn er das erfahren würde, was aus seine worten gemacht worden ist.
die christen haben ein dickes buch , das besteht aus zwei teilen .. vielleicht sollten manche diesen zweiten Teil mal lesen, da stehen hochinteressante sachen drin.
baer66,
die Kirche ist eine göttliche Stiftung weil sie seit 2000 jahren existiert...
das judentum existiert seit mehr als 5000 jahren - keine göttliche Stiftung ?
Auf jedenfall seit 2000 jahren immer wieder von der Kirche mit progromen verfolgt ! -
Ob man die Kirche oder von mir aus auch die Nazis ernst nehmen sollte oder nicht hängt von der Betrachtungsweise ab. Ein zur Hälfte gefülltes Glas ist für den einen halb voll, für den anderen halb leer und beide haben recht!
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was denn für eine betrachtungsweise ?
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Mann kann und sollte vielleicht darüber lachen (kth. Kirche / Nazis), aber man kann oder muss auch gleichzeitig drüber weinen. Such dir was aus. Lächerlichkeiten kombiniert mit Macht oder Dummheit sollte man aber irgendwie schon sehr ernst nehmen. Oder man sieht es wie im Trash-TV - alles ist lustig und alles andere ist doch egal.
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Tut mir leid, PaterBraun ,
Wie in Trash TV kann ich es nicht sehen und egal ist mir das auch nicht.
Als Jüdin kann ich weder über die damaligen Verbrechen der Kirche noch über die Verbrechen der Nazis lachen.
Und ich glaube kaum, daß andere hier darüber lachen können.
Wenn es dir also recht ist, werde ich lieber weinen, und du wirst verstehen, daß ich da etwas empfindlich reagiere. -
Die edle Rose in einem anderen Thread erinnert mich an meine Schulzeit, an ein naturalistisches Drama Gerhart Hauptmanns: Rose Bernd. Er schrieb es in starker Anlehung an einen Gerichtsprozess Anfang des 20. Jahrhunderts, dem er als Geschworener beiwohnte.
Kurz und knapp: Rose ist bereits versprochen, verlobt, ihr wesentlich älterer Liebhaber verheiratet, ein anderer lauert ihr immer wieder auf und erpresst sie mit diesem Verhältnis, dass sie allerdings beenden will. Letzterer vergewaltigt sie schließlich. Rose "beichtet" dies der gehbehinderten Frau des Ex-Lovers, die Verständnis und Hilfe zusichert. Gesellschaftliche und religiöse Zwänge lassen es aber schließlich geschehen, sie wird zur Kindsmörderin.
Im realen Prozess wird die Frau von den meisten Geschworenen freigesprochen. Ein paar Jahunderte vorher wäre sie wohl verbrannt worden – von der katholischen Kirche.
Die Gesellschaft hat sich grundlegend geändert; die kath. Kirche bleibt dem Althergebrachten überwiegend treu – bereits die "Pille danach" ist in ihren Augen Kindsmord. Aber pssst, Jesus und Petrus ruhen in Frieden. -
War wahrscheinlich eine ganz schlechte Idee (von mir), das Thema Religion anzuschneiden (s.u.).
Nur Sex ist hier im SB wohl nicht tabu!
baer
"Ich kann hantig werden"
17.01.2013 | 12:07 | Johanna Zugmann (DiePresse.com)Die Wiener Hofburg-Chefin Renate Danler** ist eine sehr disziplinierte Person.
Worüber sollte bei Tisch gesprochen werden?
Drei Themen sind tabu: Politik, Sex und Religion. In den USA ganz besonders. -
Zitat
Original von mausbacher
Im realen Prozess wird die Frau von den meisten Geschworenen freigesprochen. Ein paar Jahunderte vorher wäre sie wohl verbrannt worden – von der katholischen KircheNö, Feuertod war nur für Hexen und Häretiker, für Mörder waren andere Todesarten vorgesehen - Todesurteil war beileibe nicht gleich Todesurteil, die Art der Hinrichtung war Teil des Urteilsspruchs und vom Delikt abhängig (netter Fakt am Rande: In Grimms Märchen finden die "Bösen" immer ihr gerechtes Ende, was auch immer die "korrekte" Todesart beinhaltet - deswegen stößt Gretel die Hexe in den Ofen).
Wichtiger aber: von der Kirche wurde niemand hingerichtet, nur die "weltliche" Justiz durfte Todesurteile aussprechen und vollstrecken. Die Kirche hat zwar Untersuchungen durchgeführt (auf lateinisch: Inquisition), mußte aber, wenn eine Rechtsfolge eintreten sollte, mit dem Ergebnis zu den "weltlichen" Instanzen gehen (weiterer netter Fakt am Rande: sieht man sich die Zahlen an (Anzahl Hinrichtungen, Zeitraum, Bevölkerung), war verbrannt zu werden weniger wahrscheinlich als heute ein tödlicher Autounfall. Traten Feuerhinrichtungen gehäuft auf, war meist ein Lynchmob am Werk).
Und wo ich schon bei der Rechtsgeschichte bin: Der Inquisitionsprozess wäre zwar nach heutigen Maßstäben ein Alptraum, war damals aber ein echter Fortschritt, weil die Wahrheit durch Untersuchungen statt durch merkwürdige Proben (sogenannte "Gottesurteile", weil man glaubte, übernatürliche Mächte würden dem Unschuldigen beim Bestehen der Probe beistehen) ermittelt werden sollte. Es war durchaus real möglich, im Inquisitionsprozeß als unschuldig wieder freigelassen zu werden.
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Zitat
Original von notapolitician
Es war durchaus real möglich, im Inquisitionsprozeß als unschuldig wieder freigelassen zu werden.
Ja, wenn auch das sehr selten geschah. Wer aber unter dem Druck der Folter gestand, dem war nicht mehr zu helfen, denn die weltliche Macht konnte das Urteil der Inquisition nicht mehr revidieren, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.
Das war wie in ehemaligen Sowjetunion oder unter Hitler: Formal war alles korrekt, in Wahrheit aber waren die Geständnisse erpresst oder erfoltert, wobei darauf nicht so sehr ankam, denn die Urteile standen von Anfang an fest. Wenn die Sache wichtig war. Wenn nicht, konnte man auch aus Gestapohaft entlassen kommen, allerding durfte man dann nicht berichten, was dort oder im KZ geschah.
Bis zur Aufklärung war Europa einer ähnlichen Diktatur unterworfen: Der des Christentums. Wer das Primat der christlichen Lehre nicht anerkannte wurde verfolgt und vernichtet. Die späteren Diktaturen handelten ähnlich: Wer das Primat der Partei bzw. des Regimes nicht anerkannte, wurde verfolgt und vernichtet.
Und: Hier wie dort gibt es Leute, die diese Dinge beschönigen. Heute noch, trotz eindeutiger Beweise: Die katholische Kirche z.B. brauchte 400 Jahre, um im Fall Giordano Bruno zuzugeben, ihm Unrecht getan zu haben. -
Zitat
Original von notapolitician
Der Inquisitionsprozess wäre zwar nach heutigen Maßstäben ein Alptraum, war damals aber ein echter Fortschritt, weil die Wahrheit durch Untersuchungen statt durch merkwürdige Proben (sogenannte "Gottesurteile", weil man glaubte, übernatürliche Mächte würden dem Unschuldigen beim Bestehen der Probe beistehen) ermittelt werden sollte.Warum kommt mir das so bekannt vor? Ach ja:
Ratzinger, der »Großinquisitor«
Im ARD-Magazin Kontraste (03.03.2005) äußerte sich Joseph Ratzinger vor einigen Wochen zu seinem Titel »moderner Großinquisitor«. Und siehe da: Ratzinger hatte mit dem Begriff »Inquisitor« überhaupt kein Problem - im Gegenteil: Er sah sich mit der Inquisition früherer Jahrhunderte in einer kontinuierlichen Linie! Der einzige Unterschied: Heute bediene man sich anderer Methoden. Und dann kam die makabre »Krönung«: Ratzinger wertete die Folter-Verhöre der Inquisitoren des Mittelalters gar als »Fortschritt« - schließlich hätten »Untersuchungen« stattgefunden.
Ratzinger wörtlich: »Großinquisitor ist eine historische Einordnung, irgendwo stehen wir in der Kontinuität. Aber wir versuchen heut' das, was nach damaligen Methoden, zum Teil kritisierbar, gemacht worden ist, jetzt aus unserem Rechtsbewusstsein zu machen. Aber man muss doch sagen, dass Inquisition der Fortschritt war, dass nichts mehr verurteilt werden durfte ohne Inquisitio, das heißt, dass Untersuchungen statt finden mussten.«
Das ist ein Skandal! Denn diese »Untersuchungen« waren mit grausamsten Folterungen verbunden und führten in sehr vielen Fällen zum Tod des Angeklagten! Nach Einschätzung des SPIEGEL war die Inquisition (lat. »Befragung«) »Vorläufer von Gestapo, KGB und Stasi«. (Quelle: Denk-mit.info)
"Die Inquisition war ein Fortschritt, weil Untersuchungen stattfanden."
Der Befragte wurde gefoltert bis er aussagte, im gleichen Zuge wurde sein Geständnis protokolliert. Das ist natürlich Fortschritt.
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Hier mal ein interessanter Artikel aus Sicht der Wissenschaft:
Einige wichtige Sätze:
bei aller Grausamkeit - die Historiker sind sich einig, dass die Einführung der Inquisition dennoch ein Fortschritt in der Rechtsgeschichte des Mittelalters war.
Es kommen aber weit weniger Menschen auf den Scheiterhaufen, als man weithin denkt. Einer der bekanntesten Inquisitoren des Mittelalters, Bernard Gui, verurteilt bei 930 Prozessen 42 Ketzer zum Tode auf dem Scheiterhaufen. 307 Angeklagte verurteilt er zu Kerkerhaft, 139 werden freigesprochen, und der Rest kommt mit leichteren Strafen wie dem Tragen von Bußkreuzen oder Pilgerfahrten davon.
Natürlich will niemand die Inquisition zurückhaben - aus den bekannten Gründen Folter und Unterdrückung Andersdenkender. Der Fortschritt war ein rein prozessualer, und da es sich eben erst um den Anfang des modernen Amtsermittlungsgrundsatzes handelte, war eben selbst in dieser Hinsicht noch sehr, sehr vieles verbesserungsbedürftig.
Die Kirche war früher nach heutigen Maßstäben ein schlimmer Verein, aber nach zeitgenössischen Maßstäben fiel sie nicht negativ auf. Lange Zeit war die Kirche wegen des vergleischweise hohen Bildungsstandes eher ein Träger des Fortschritts - Kirche als Verein der Ewiggestrigen ist eher eine neue Entwicklung (so höchstens 500 von 2000 Jahren).
Zum Nazi-Vergleich (Goodwin was right!): So ein Inquisitionsrichter hatte vielleicht formell die gleichen Mittel zur Verfügung wie später ein Nazi-Scherge, verfügte aber, wie die Zahlen zeigen, offenbar über weitaus weniger Bösartigkeit.
Zum "Das ist natürlich Fortschritt": Ja, war es! Vorher war es völlig schnurz, was der Angeklagte sagte! Nur weil etwas nicht gut ist, heißt das noch lange nicht, dass es nicht besser war als das vorher Gewesene.
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Unerbittlich und grausam wurden Andersdenkende verhört, gefoltert und wenn nötig auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ein nicht gerade christlicher Umgang mit Menschen, aber die Inquisitoren des Mittelalters kannten keine Gnade, wenn es um die Einheit des Glaubens ging. Über fünf Jahrhunderte ging die Kirche gegen sogenannte Häretiker vor, machte auch nicht vor prominenten Wissenschaftlern wie Galileo Galilei halt.
Auch aus deiner Quelle, notapolitician.
Mit den Historikern ist das so eine Sache für sich, denn sie waren und sind allesamt Kirchenhistoriker und Priester. Unbefangenheit sieht anders aus. Eine handverlesene Auswahl von Historikern "durften" forschen in den Archiven, die ihnen der Vatikan nach "mühsamen Vorarbeiten" zur Verfügung stellte:
"Jetzt haben wir ja unser Archiv Gott sei Dank nach mühsamen Vorarbeiten eröffnen können und freuen uns, dass also gerade auch nicht-gläubige Historiker sagen: ´Also ganz so schlecht war die Inquisition auch wieder nicht.` Sie war eigentlich der zeitgenössischen Justiz voraus, weil sie Verteidigungsmöglichkeiten, Anhörungspflicht usw. geschaffen hat. Machen wir uns nicht vor: Vieles waren Fehlurteile, vieles ist schief gelaufen. Aber eine Suche nach Gerechtigkeit ist doch da gewesen und ich glaube, die Öffnung des Archivs wird vielleicht, soweit die Leute zuhören wollen, ein bisschen was von den dunklen Schatten aufhellen können."
So Joseph Ratzinger im Jahr 1998, zit. nach Der deutsche Papst, 3Sat, 18.9.2011(Erstausstrahlung). Eine Unterscheidung von "Inquisition" und "zeitgenössischer Justiz" ist dabei nicht seriös. Es gab keine "zeitgenössische" Justiz, die ohne Zustimmung der Kirche ihre Urteile fällen konnte. Die staatlichen Richter waren genauso der kirchlichen Obrigkeit hörig wie speziell tätige "Inquisitionsrichter". Lesen Sie dazu auch das Extrablatt Satan öffnet sein Archiv. (Quelle: Zeitschrift "Der Theologe")
Zwei Drittel aller Akten sind verschwunden.
500 Jahre lang verfolgte die Kirche Hexen, Ketzer und Andersgläubige. Die Inquisitoren lieferten Millionen Menschen der Folter und dem Feuer aus. Die Protokolle daruber bewahrt der Vatikan in Geheimarchiven auf, zu denen nur wenige Auserwählte Zutritt haben.
Erst seit dem 22. Januar 1998 durfen ausgewählte Wissenschaftler, darunter ein Team der Deutschen Forschungsgemeinschaft, den dusteren Lesesaal betreten, einen der zwölf Plätze an den unbequem hohen Tischen einnehmen, die Schreibtischlampe einschalten und unter den wachsamen Augen eines erhöht sitzenden Vizepräfekten einen Blick in die ebenso grausame wie faszinierende Welt der Inquisition werfen. Mobiltelefone sind verboten, Jackett ist Pflicht – obwohl es bis heute in den uberhitzten Katakomben keine Klimaanlage gibt. Zwei Drittel aller Akten sind verschwunden. Napoleons Truppen hatten sie 1810 nach Paris verschleppt. Als der Vatikan sein Eigentum sechs Jahre später zuruckerhielt, verkaufte er angeblich einen großen Teil der wertvollen Folianten als Altpapier, um den kostspieligen Rucktransport uber die Alpen zu finanzieren. Vielleicht nutzte der Vatikan aber die gunstige Gelegenheit, um besonders abschreckende Berichte verschwinden zu lassen. ( )
Es ist die Frage, ob ein Gottesurteil nicht humaner war als ein durch mörderische Qualen erzwungenes Geständnis. Unter Folter gesteht man alles. Das war kein Fortschritt, das war Kirche – grausam, unerbittlich, gnadenlos gegen Andersdenkende. Oder doch einfach nur christlich?
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Wie kamen wir hier doch gleich drauf? Ach ja richtig, ich hatte spät Nachts die Idee, 'ne Vorlesung zur Rechtsgeschichte zu halten.
Noch mal die Kernpunkte: Folter=schlecht, Urteile, die vom Zufall abhängen=schlecht, Einem davon abhelfen=gut.
Soll also heißen: Die Tatsachenermittlung in das Prozessrecht einzuführen, ist auch dann gut und damit eine Verbesserung und damit ein Fortschritt , wenn die Folter, die es schon lange vor dem Inquisitionsprozeß gab, nicht sofort mit abgeschafft wird.
Im übrigen zeigen die Zahlen, daß eben nicht um jeden Preis ein Geständnis her mußte, einen Automatismus kein Geständnis -> Folter, bis doch Geständnis gab es nicht. Der ganze Hexenwahn kam erst, als es den Inquisitionsprozeß schon lagen gab, der wurde nicht zu diesem Zweck erfunden.
Die Kirche hat in 2000 Jahren viel Mist gebaut, da findet man genug zum kritisieren. Trotzdem (oder vielleicht deswegen?) können viele einen kirchenfreundlichen Satz einfach nicht stehen lassen, selbst dann nicht, wenn man klarzustellen versucht, daß man damit keine Gesamtapologetik beabsichtigt.
Und bei aller Kritk an der Institution Kirche - das Christentum, also das, was in den Evangelien steht, hat wesentlich dazu beigetragen, das Konzept "Mitgefühl" in der westlichen Welt durchzusetzen - und das will garantiert keiner weghaben, oder?
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Zitat
Original notapolitician
Im übrigen zeigen die Zahlen, daß eben nicht um jeden Preis ein Geständnis her mußte, einen Automatismus kein Geständnis -> Folter, bis doch Geständnis gab es nicht. Der ganze Hexenwahn kam erst, als es den Inquisitionsprozeß schon lagen gab, der wurde nicht zu diesem Zweck erfunden.
Im Übrigen zeigen die Zahlen, dass sie eben leider nur aus einem reduzierten Bestand herrühren, nämlich aus maximal einem Drittel aller damals stattgefundenen Prozesse. Weiters wurden die zur eingeschränkten Einsicht freigegebenen Archive nach freiem Ermessen des Vatikans zuvor selektiert. Insofern sagen die von dir zitierten Zahlen nur, dass mit Schönfärberei vieles möglich ist.
Deine schon fast sprichwörtliche Kirchensolidarität solltest du jedoch nicht dahingehend einsetzen, indem du jetzt in fast polemischer Weise darzulegen versuchst, man wolle nicht einmal "einen kirchenfreundlichen Satz stehen lassen".
Zur Entlastung der katholischen Kirche sei nämlich gesagt, die überwiegende Mehrheit der Hexenverbrennungen in Europa, derer es ca. 60.000 bis 100.000 gab, fanden in protestantisch dominierten Ländern statt.
Das Christentum und der christliche Gedanke haben wahrlich wesentlich dazu beigetragen, das Konzept "Mitgefühl" in der westlichen Welt durchzusetzen. Das sage sogar ich als christlich erzogener Konfessionsfreier. Dieser christliche Gedanke hat aber nun rein gar nichts mit der Kirche zu tun!
Du kannst gerne auf deinem Stuhl zu Hause nervös herumzappeln wie du willst, den angeblichen Fortschritt im Rechtswesen durch die Inquisition sehe ich nicht. Was ich sehe sind jedoch Fakten, die insbesondere die katholische Kirche gerne und immer wieder zu ihren Gunsten auslegen will und auch in Zukunft auslegen wird. Wohl dem also, der frei in seinem Glauben sich keinem anderen Gedankengut unterwerfen muss.
Solltest du weiter des Nächtens "rechtsgeschichtliche" Vorlesungen halten wollen, stehe ich dir gerne mit meiner dialektisch-differenzierten Widerspruchstheorie zur Verfügung. -
Wir haben diese Diskussion schon geführt. Trotzdem finden sich immer wieder Leute, die die Rolle der Kirche kleinreden wollen. Doch es gibt historische Fakten, die auch mit spitzfindiger Argumentation nicht aus der Welt zu schaffen sind:
1. Mit der Bulle "Ad abolendam" des Papstes Lucius III. wird die Inquisition im Jahre 1184 quasi eingeführt. Darin wird angeordnet, dass Bischöfe zweimal jährlich ihre Gemeinde besuchen und dort zuverlässige Menschen ausfindig machen sollen, die die Ketzer entlarven und vor kirchliches Gericht bringen sollen. Diese Gerichte haben öffentlich zu tagen und stehen unter Aufsicht der Bischöfe.
2. Um die Verfolgung der Ketzer zu straffen und zu zentralisieren, werden Bischöfe vom Papst Gregor IX. in den Jahren 1231 bis 1233 von dieser Aufgabe entbunden; stattdessen werden dem Papst direkt unterstellten Dominikaner und im Jahre 1246 auch Franziskaner damit beauftragt.
3. Mit der Bulle „Ad extirpanda“ des Papstes Innozenz IV. wird im Jahre 1252 kirchlichen Gerichten ausdrücklich erlaubt, Folter einzusetzen.
4. Und weil danach beim foltern ab und zu jemand starb, verfügte Papst Urban IV. im Jahre 1261, dass Inquisitoren sich in solchen Fällen gegenseitig durch Absolution von jeder Schuld freisprechen können.
5. Mit der Bulle „Summis desiderantes affectibus“ des Papstes Innozenz VIII. wird im Jahre 1484 die bisher auf Ketzer beschränkte Verfolgung auf Hexen ausgeweitet, was erst die folgenden Hexenprozesse ermöglichte und gleichzeitig rechtfertigte.
Dieser Papst Innozenz VIII. war also der Brandstifter. Die durch ihn entfachten Brände brannten danach 300 Jahre lang – sie endeten erst dank der Aufklärung, die von der Kirche mit allen Mitteln bekämpft wurde. -
Zitat
Original von mausbacher
Solltest du weiter des Nächtens "rechtsgeschichtliche" Vorlesungen halten wollen, stehe ich dir gerne mit meiner dialektisch-differenzierten Widerspruchstheorie zur Verfügung.Nö, ich schreibe nur noch tagsüber, dann entfällt mir hoffentlich nicht wieder, daß Diskussionen nie wertfrei sind und es folglich niemanden interessiert (bzw. interessieren braucht), wenn sich einer in Bezug auf seine Äußerung für neutral hält.
Außerdem hab ich was Wichtiges gelernt: Eine bedeutende Änderung, ohne die wir nicht oder nur auf einem ganz anderen Weg zum heutigen Stand gelangt wären, ist noch lange kein Fortschritt. Das hätte mich nicht überraschen dürfen, den "Fortschritt" ist ein wertender Begriff (Änderung, die als positiv gesehen wird), und es ist völlig legitim, hier eine "rumdum positive" Sache zu verlangen stat einer "die auch positve Aspekte hat" (also unter Ausblendung der anderen Aspekte).
In diesem Sinne ziehe ich mich auf die hoffentlich nicht bestrittene Aussage "Leute verbrennen ist schlecht" zurück und hör' jetzt auf, mich hier noch tiefer einzugraben.
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Es wird Zeit für neue Thesen und Standpunkte.
Die katholische Ethik und der Geist der sexuellen Hörigkeit. Oder: Massenpsychologie des Katholizismus, frei nach Wilhelm Reich...
Nichts ist mächtiger als Ideen, deren Zeit gekommen ist.