Erotik, Gewalt, Kunst, Meinungsfreiheit, Geschmack, Zensur usw.

  • Auf die Gefahr hin, mich hier extrem unbeliebt zu machen... ;)


    Die Diskussion um Stus Geschichte Albtraum Gemeinschaftsdusche (Link) hat mich doch ins Grüblen gebracht...


    Ich finde die Geschichte einfach nur widerlich und abartig, und möchte gar nicht darüber nachdenken, wer sowas schreibt und wem sowas gefällt.


    Allerdings, die wütenden und empörten Reaktionen auf die Geschichte finde ich auch irgendwie beängstigend. Es ist wohl der natürliche Impuls fast eines jeden, die Löschung einer derartigen, offenbar völlig sinnbefreiten Orgie in Gewaltverherrlichung und Menschenverachtung zu fordern. Aber der Impuls ist gefährlich.


    Er mündet ohne große Umschweife im Ruf nach Zensur. Jetzt werden sich einige dagegen verwahren, dass ich dieses Wort benutze, darauf beharren, sie seien vehemente Gegner jeder Zensur und unbedingte Streiter für die Kunst- und Meinungsfreiheit - aber irgendwo sei eben die Grenze, jenseits derer man nur noch von Krankheit und Perversion sprechen könne, und das falle nicht mehr unter Kunst- und Meinungsfreiheit.


    Mit genau dieser durchaus feinsinnigen Differenzierung spielen sie aber den Gegnern der Meinungsfreiheit in die Hände. Auch diese geben ja gerne vor, ohne Wenn und Aber für Meinungsfreiheit zu sein, und sie gerade deshalb davor schützen zu wollen, für die Verbreitung von "Schmutz und Schund", der nichts mit einer schützenswerten Meinung oder Kunst zu tun hat, "ausgenutzt" zu werden.


    Wo ist noch der Unterschied? Ist er nicht auf einmal nur noch graduell, aber nicht mehr prinzipiell? Ist er nicjt nur noch zwischen wohlmeinenden Liberalen auf der einen-, und völlig neurotischen Paranoikern auf der anderen Seite?


    Denn so unterschiedlich ihre Ausgangsvoraussetzungen auch sein mögen, beide kommen zum prinzipiell gleichen Ergebnis: irgendwer ist irgendwodurch berechtigt, irgendwo eine Grenze dessen zu ziehen, was noch Kunst oder eine Meinung ist, und was nicht mehr - und diese Grenze enger zu ziehen, als dass nur substanzlose Beleidigungen und Verleumdungen anderer Menschen nicht mehr darunter fielen. Sie kommen zu dem prinzipiell gleichen Ergebnis, dass Kunst- und Meinungsfreiheit nicht nur gegenüber dem Schutz der Würde echter Menschen zurücktreten müssen, sondern auch gegenüber irgendwelchen Gummibegriffen wie "Geschmack", "Anstand", "Jugenschutz", "geistiger Gesundheit" usw.


    Stus Geschichte dürfte bei fast jedem Leser einfach nur Ekel und Übelkeit auslösen. Aber das ist auch schon alles, und wer sie nicht liest, dem schadet sie auch nicht. Warum also danach rufen, ihn zu zensieren? Weil man sowas nicht lesen will? Das muss man auch so nicht. Weil niemand sowas lesen soll? Warum denn das nicht? Weil sie irgendwen entwürdigt, herabsetzt oder verletzt? Wen denn? "Debby", eine überhaupt nur marginal entwickelte fiktive Figur? Wie kann man die denn verletzen?


    Oder geht es eher um Mädchen/Frauen allgemein und an sich? Ich frage mich schon, wie wenig Gespür man für die eigene Individualität haben und wie wenig man nur von der Welt und vom Leben wissen darf, um sich herabgewürdigt zu fühlen, wenn eine fiktive Person des eigenen Geschlechts, der eigenen Ethnie oder was weiß ich, in einer erfundenen Geschichte erniedrigt wird. Da habe ich ganz andere Probleme, kenne ich ganz andere Situationen und Gegebenheit, in denen/durch die ich mich erniedrigt fühle.


    Zum Beispiel, indem mir abgesprochen wird, selbst entscheiden zu können, was ich als meinem ethischen Empfinden widersprechend ablehne!


    Und weiter, wer sagt, oder wo steht geschrieben, dass Stu nicht doch irgendwie irgendwas mit dieser Geschichte aussagen will? Muss immer überall drunter stehen: "Und die Moral von der Geschichte ist:..."? Ist keine Aussage nicht auch irgendwie eine Aussage, kann mediale Gewaltverherrlichung nicht auch eine Form sein, sich mit Gewalt auseinanderzusetzen, ohne Gewalt damit in der Realität zu bejahen oder zu billigen? Und darf, wer nichts Wertschöpferisches zu sagen hat oder sagen will darum gleich gar nichts mehr sagen?


    Wir leben in einer brandgefährlichen Zeit! Wenn es nach einigen psychotischen Brüsseler Ministerialbürokraten und der schwarz-roten Einheitsfront in Straßburg geht, wird aus genau den stets auch von Bürgerrechtlern pflichtschuldig anerkannten Phantombegriffen "Anstand", "Geschmack", "Jugendschutz", "Menschenwürde" pp. das BKA-Stoppschild demnächst nicht nur vor den zwei oder drei kommerziellen CP-Seiten im Netz (solches Material wird fast nur über Mail-Groups, P2P-Netzwerke etc. verbreitet, nicht über frei oder gegen Bezahlung zugängliche Internet-Seiten, diese Sperre ist also nutzlos - aber das ist ein anderes Thema...) erscheinen, sondern z. B. auch vor Angeboten wie FemJoy oder Body in Mind! Nicht nur die BRAVO und andere Jugendzeitschriften werden in ihrer bekannten Form aus den Zeitschriftenregalen verschwinden, sondern auch der PLAYBOY, FHM & Co.! Längst nicht nur die abgetrennten Erwachsenenabteilungen von Videotheken werden wie wie leergefegt sein, auch aus der anderen Abteilung verschwinden Filmreihen wie American Pie oder Eis am Stil spurlos.


    Warum das? Na, ganz einfach: entweder verkörpern dort junge Erwachsene gleich ganz offiziell minderjährige Charaktere, oder zumindest könnten die Darsteller bzw. Models ihrem Aussehen nach ja noch minderjährig sein, und irgendjemand sich das beim Betrachten der Fotos bzw. Filme dann auch vorstellen!!!


    Es sollte sich jeder fragen, ob er sich mit Rufen nach einem Vorgehen gegen "abartige", "kranke", "perverse", "menschenverachtende" o. ä. Medien in die Schar jener einreihen will, mit deren angeblich ausdrücklicher Einsicht und Zustimmung das passiert. Wer für die Meinungsfreiheit ist, der muss die Finger von Diskussionen lassen, wo deren angebliche Grenzen sind, und warum! Ist einmal anerkannt, dass Meinungsfreiheit Grenzen haben soll, dann ist alles verloren...

  • Du schlägst einen großen Bogen mit deinem Text, und ich fürchte, es würde eine unlesbare Tapete, wenn ich Punkt für Punkt darauf eingehen wollte. Ich fasse daher hier mal die Gedanken zusammen, die mir beim Lesen durch den Kopf schießen.


    Stcihwort Zensur: Das ist als Begriff ein großer Hammer und hier meiner Ansicht nach nicht das passende Wort. Zensur ist eine von oben herab beschlossene Beschränkung, die Schreiber und Leser gleichermaßen entmündigt. Hier jedoch gibt es - gleichsam als Spielregel - ein allen bekanntes Konzept, auch wenn dies zugegebenermaßen in vielen Geschichten sehr weit interpretiert wird. Und es sind (einige) Leser als Teil einer Gemeinschaft, neudeutsch Community, die die Story ablehnen. Zensur wäre vielleicht gewesen, wenn der Admin sie schon vor den ersten Kommentaren aus eigenem Ermessen gelöscht hätte - und selbst in diesem Fall gelten auf privaten Foren etwas andere Regeln als in anerkannten Medien.


    Auch wäre es umgekehrt ebenfalls eine Form der Zensur, wenn ich nicht mehr sagen dürfte, dass eine bestimmte Geschichte nicht in die Umgebung passt, in der ich selbst mich bewege.


    Zu der Story selbst ein männlicher Blick: Mit einem einfachen Negativ-Urteil ist es in dem Fall nicht getan. Denn natürlich hat auch Snuff-Pornografie ein Erregungspotenzial, zumal wenn sie so gut geschrieben ist wie in diesem Fall. Doch man hat sich als zivilisierter Mitteleuropäer zu Beginn des 21. Jahrhunderts auch zu fragen, ob man dieser Erregung folgt oder nicht. Das ist ein entscheidender Punkt, der in dieser und vielen anderen Diskussionen (auch mit harmloserem Anlass) ausgeklammert bzw. übergangen wird.


    Nun gehst du allerdings in deinem Text hier deutlich über den Einzelfall hinaus, und da kann ich dir nur von Herzen zustimmen. Wir erleben - vom Rauchverbot bis zu den Stoppschildern im Internet - zur Zeit ein unheimliches Anwachsen von Verboten und Regelungen, die einzeln genommen jeweils absolut vernünftig erscheinen, in der Summe jedoch eine Rundumbevormundung erzeugen, vor der mir Angst und Bange wird (ich bin übrigens selbst Nichtraucher und verabscheue Leute, die sich an Kindern vergehen).


    Was die Meinungsfreiheit betrifft (um die es hier allerdings kaum geht, denn Vergewaltigungen exploitativ zu schildern ist keine Meinungsäußerung) halte ich mich an den berühmten Satz (ich bin mir nicht sicher, von wem er stammt, glaube aber, es war Voltaire): "Ich finde Ihre Meinung zum Kotzen, aber ich werde bis zum letzten Blutstropfen dafür kämpfen, dass Sie sie frei äußern dürfen."

  • Noch mal eine Sache zu Thema Zensur.


    Ist es wirklich "Zensur", wenn ein Seitenbetreiber von seinem "Hausrecht" gebrauch macht und einen bestimmten Kommentar einen bestimmten Artikel löscht, weil er der Meinung ist, das dieser nicht zu oder auf seine Seite passt?


    Zensur wäre es, wenn eine dritte Instanz das Veröffentlichen verbieten würde.


    Wenn wir hier nun die ein oder andere Geschichte gelöscht wird, weil der Betreiber das für richtig hält, dann ist das sein gutes Recht.
    Es steht dem Autor frei, seine eigene Seite ins Netz zustellen, dort hat er dann das "Hausrecht" und bestimmt was dort veröffentlicht wird.

  • Wenn der Admin bzw. Seitenbetreiber Sachen rausnimmt, die nicht ins Konzept passen. ist das formaljuristisch keine Zensur, soweit ich als Nicht-Jurist die Sache verstehe (und wie ich oben ausgeführt habe, ist es schon gar keine Zensur, wenn die Adressaten einer medialen Mitteilung diese als unpassend / geschmacklos etc. ablehnen).


    Doch die formaljuristische Sichtweise ist nicht die einzig mögliche.


    Einen Hinweis bietet der Konflikt mit dem Urheberrecht: Der Autor behält gewisse Rechte an dem Text, selbst wenn dieser auf der Website eines Dritten steht und die Veröffentlichung als solche rein privatrechtlich als Eigentumsüberlassung zu betrachten wäre.


    Was hier unterschwellig hineinspielt ist die Frage, inwieweit eine Community-Plattform (und speziell diese) auch ein öffentliches Medium ist oder nicht. Ich wage nicht, mich an der juristischen Seite dieser Frage zu versuchen, dazu reichen meine Kenntnisse bei weitem nicht. Doch es gibt dabei auch eine sozusagen "moralische": Als gerechtfertigt wird man alle Eingriffe, Löschungen etc. bezeichnen müssen, die in Übereinstimmung mit den vorher bekannten Regeln und Gepflogenheiten des Mediums stehen. Als ungerechtfertigt bzw. "Zensur" in einem ethischen Sinn wären vor allem Willkürakte zu verstehen - und zu brandmarken.


    Allerdings wird kein Seitenbetreiber einer Community Plattform Wert darauf legen, auf seiner Plattform allein zu sein, und sich letzteres wohl sehr genau überlegen.

    Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern. 
    Heinrich Heine


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  • Ja, der Begriff "Zensur" ist ein großer Hammer, den ich ganz bewusst schwinge - um denen, die nach der Löschung ihnen (und im vorliegenden Fall auch mir!) unangenehmer Inhalte rufen einen gehörigen Schrecken einzujagen, was sie da eigentlich fordern. Ich bin Mitglied im "Verein für deutliche Aussprache e. V.", und verstecke mich nicht hinter Euphemismen oder dergleichen. ;)


    Natürlich ist der Ruf nach der Löschung einer Geschichte von dieser Seite nur eine sehr eingeschränkte Form von Zensur, der betreffende Autor kann sie überall sonst wiederveröffentlichen, aber der Unterschied ist eben nur graduell, nicht prinzipiell: es wird gefordert, Einflussmöglichkeiten einzusetzen, um die Verbreitung einer bestimmten Information zumindest zu behindern. Weil man der Meinung ist, irgendjemand der es nicht lesen will, soll es nicht lesen müssen, und selbst wer es lesen will, soll es hier jedenfalls an bestimmter Stelle nicht lesen dürfen - weil es anderen nicht gefällt.


    Auch wenn wir uns im Großen und Ganzen einig sind, Kern der Diskussion und bleibt:


    Du schreibst: "Vergewaltigungen exploitativ zu schildern ist keine Meinungsäußerung."


    Ich frage: wer bestimmt das: du? Irgendeine Mehrheit? Irgendein "gesunder Menschenverstand"?


    Genau darum geht es mir. ;)

  • Die Kurzform: Ich finde, Caliente hat recht!


    Die Langform beginnt damit, dass ich es wichtig finde, dass dieses Thema mal angesprochen wird, und schade, dass es durch die Begriffsproblematik der "Zensur" oder andere juristische Fragen fast erstickt worden wäre. Sorry, ich möchte niemandem zu Nahe treten, nur meine Meinung äußern ...


    Und hier ist sie:
    Ich denke, dass es einfach darum geht, ob es wirklich notwendig ist, dass eine - richtige, wichtige und, wie in diesem Fall geschehen, durchaus selbstreinigende - Diskussion dahingehend "ausufern" muss, dass man direkte Forderungen nach Verboten stellt.


    Wir sind uns doch alle einig, dass das, was dort zu lesen war, widerlich ist. Das wurde dem Autor ja auch mehr als deutlich - absolut zu recht, wie ich finde - im Forum gesagt. Und gerade in diesem Fall hat es eine seiner Daseinsberechtigungen äußerst erfolgreich unterstrichen, indem nämlich die individuellen Beiträge eindeutiger Meinungsäußerungen den Autor selbst zum Umdenken veranlasst haben. Das ist eine äußerst gesunde Form der Auseinandersetzung, die selbst "Verirrte" wieder auf den richtigen Weg führen kann.


    Mich stört allerdings auch, dass es für manche Nutzer nicht auszureichen scheint, ihren Standpunkt deutlich zu machen, sondern dass - und zwar nicht nur in diesem Fall - die Löschung "gefordert" werden muss. Da fühle ich mich in der Tat auch bevormundet und auf einem Weg, der nicht mehr die Einhaltung von Regeln zum Ziel hat, sondern eine am jeweiligen Geschmack einzelner Meinungsführer orientierte Gängelung befürchten ließe.


    Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich kann nicht beurteilen, ob der Inhalt dieser Geschichte gegen Gesetze verstößt. Sollte es so sein, muss sie natürlich gelöscht werden. Aber das ist Sache der Seitenbetreiber (die eben auch entscheiden müssen, ob sie ins Konzept passt oder nicht)! Lassen wir doch diese Entscheidungen auch bei ihnen.
    Was ich beurteilen kann, ist, dass diese Geschichte gegen meinen Geschmack verstößt - und das sag ich auch jedem, der mich danach fragt, ganz frei heraus. Aber deshalb gehört sie noch nicht gelöscht! Ich habe eine gut funktionierende Maus-Taste, die zuverlässig und schnell alles von mir als widerlich empfundene vom Bildschirm verbannt. Vor allem aber halte ich mein Denk- und Urteilsvermögen für ausgebildet genug, zu einer solchen Einschätzung eigenständig (!) zu gelangen, und es widerstrebt mir, dass andere - Nutzer, nicht die Betreiber - mich davon abhalten wollen, mir eine eigene Meinung überhaupt bilden zu können.

  • Zitat

    Original von Caliente


    Du schreibst: "Vergewaltigungen exploitativ zu schildern ist keine Meinungsäußerung."


    Ich frage: wer bestimmt das: du? Irgendeine Mehrheit? Irgendein "gesunder Menschenverstand"?


    In meiner Aussage ging es nicht um die Verwaltigung als thematischen Inhalt, sondern um den begrifflichen Unterschied zwischen Meinung und Schilderung. Eine Story, sei sie noch so kurz oder lang wie ein Roman, ist faktisch keine "Meinungsäußerung", sondern eine Darstellung, für die allenfalls die Freiheit der Kunst anzuführen wäre. Bei Kunst wiederum kommt es auf die Absicht an, soweit sie erkennbar ist: Die Veröffentlichung einer Vergewaltigungsstory im Rahmen einer medialen Veranstaltung (hier: des SB), die der Schaulust am weiblichen nackten Körper dient, wäre jedenfalls nur sehr schwer verargumentierbar.


    Im übrigen lohnt sich auch ein Blick auf den genauen Wortlaut:


    Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 5


    (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.


    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.


    (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.


    Der Absatz 2 wird gern übersehen; ihm zufolge kann von einem schrankenlosen Recht auf Freiheit zu allem und jedem nicht die Rede sein - und über den Rahmen, in dem Vergewaltigungen an sich zu beurteilen sind, müssen wir ja hoffentlich nicht diskutieren.


    Doch es gibt auch noch einen Artikel 2 in diesem Grundgesetz:


    (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.


    Man darf den Artikel 5, Absatz 1 und 3, nicht als herausgelöste Einheiten betrachten. Gesetze gelten immer vollständig und in ihrer Gesamtheit. Und demzufolge ist nicht mehr die Rede davon, dass man einfach jedes beliebige Thema in jeder beliebigen Form an jeder beliebigen Stelle darstellen kann. Oder um es weniger abstrakt zu sagen:


    Die Freiheit der Meinung und der Kunst finden ihre Grenzen zum einen in den Rechten Dritter, zum anderen in dem hohen Maß an Verantwortung, die jedem einzelnen zukommt.


    Und das alles zusammen ändert noch nichts an der Tatsache, dass es sich im konkreten Fall (der Diskussion um Stus erste Geschichte) nicht um Kunst vs. Zensur, sondern einfach um den Zusammenstoß gleichberechtigter Interessen dreht.


    Im übrigen: Ich finde es sehr gut, dass du eine solche Diskussion hier anstößt, und ist mir eine Freude, daran teilzunehmen!


    Nico S.

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  • sGirl : Danke für die Unterstützung! :)


    Nico : Du argumentierst entlang des Grundgesetzes, ich tue genau das nicht. Es mag dich gerade dieses Jahr, da unsere Politiker den 60. Jahrestag seiner Verabschiedung mit zahllosen Lobeshymnen feiern, überraschen oder entsetzen, aber ich bin keine Freundin "unseres" Grundgesetzes.


    Ich weiß, in gewohnter deutscher Unbescheidenheit ist man der Meinung, das deutsche Grundgesetz sei der Inbegriff der Demokratie schlechthin, die demokratischste Verfassung der Welt, und - natürlich nichts gegen unsere Freunde in Europa und überall - ihren politischen Systemen einfach haushoch überlegen.


    Meine Kritik an diesem schon konzeptionell mängelbehafteten Werk füllt Bände, darum will ich mich an dieser Stelle auf ohnehin mein Lieblingsthema beschränken: die Meinungsfreiheit (und wie das Schicksal es will, führt das Thema sowieso mitten in das defekte Herz des Grundgesetzes ;)).


    Du schreibst von der Abwägung der Meinungsfreiheit gegen die "Rechte Dritter", meinst damit aber - wohl unbewusst und unbeabsichtigt - letztlich die Unterordnung der Meinungsfreiheit unter gewisse Staatsideologien. Sei mir nicht böse, aber damit bist du "unseren" Politikern und ihren konservativen juristischen Erfüllungsgehilfen mit Karacho auf den Leim gegangen. ;)


    Was sind denn "Rechte Dritter", die der Meinungsäußerung vorgehen können? Niemand muss es hinnehmen, völlig sinn- und inhaltlos beschimpft oder gar verleumdet zu werden. Das ist die einzige Form der Meinungsäußerung, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, bzw. in deren Fall andere Rechte überwiegen.


    In Deutschland freilich, wo es nicht um individuelle Rechte Dritter geht, sondern um die von allen zu bejubelnde Staatsideologie, hat man noch ganz andere Instrumente parat, die Meinungsfreiheit zu stutzen. Zum Beispiel die sog. "Menschenwürde".


    Angeblich soll sie dazu dienen, Eingriffe des Staates in die Rechte und Interessen des Einzelnen abzuwehren. Soviel zur Theorie. In der Praxis schützt die Menschenwürde uns vor gar nichts: mehr als die Hälfte unseres Arbeitslohnes krallt sich der Staat, man könnte mithin sagen, wir arbeiteten für Herrn Steinbrück und Frau Schmidt, und dürfen uns gnadenhalber etwas zum eigenen Lebensunterhalt abzweigen. Zigtausend Gesetze und Verordnungen regulieren und strangulieren unser Leben von der Wiege bis zur Bahre, durchdringen alle Lebensbereiche, ganz so, als seien wir eine Horde präzivilisatorischer Anarchisten, die man entweder unter dem Stiefel hat, oder sie laufen mit lauter unsinnigen Aktionen Amok. Unaufhörlich werden wir von "unseren" Politikern beleidigt und beschimpft, als fette, faule, versoffene, gierige, gebärunwillige, kriminelle Schwarzarbeiter und Steuerhinterzieher, die endlich mal richtig erzogen werden müssen, um ihrer Obrigkeit besser zu dienen!


    Menschenwürde? Interessiert hier nicht, hat doch damit nichts zu tun. Die wird nur dann aus der Klamottenkiste geholt, wenn es darum geht, Filme, Comics oder Videospiele zu verbieten. Also im Klartext: wenn man sie gegen andere Menschenrechte, hier die Meinungsfreiheit, ausspielen kann.


    Das, und nichts anderes ist die "Menschenwürde" im System des Grundgesetzes: kein Abwehrrecht des Individuums gegen den Staat. Sondern eine weitere Rechtfertigung, zu bevormunden, zu gängeln und zu zensieren. Das Grundgesetz ist letztlich auch nicht besser als die Verfassung der DDR, denn im Kern geht es beiden um das gleiche: eine Rechtfertigung dafür zu schaffen, allen, die nicht nach der Pfeife der von oben diktierten Ideologie tanzen, eins auf den Deckel zu geben. Dort schadeten sog. Störenfriede eben dem "Aufbau des Sozialismus", hier "verletzen sie die Menschenwürde". Substanziell ist es das gleiche.


    Ich schließe mit einem Vergleich zur von mir sehr geschätzten und bewunderten US-amerikanischen Verfassung, und insbesondere ihrer Grundrechtscharta, der "Bill of Rights": während du bereits zwischen Meinungs- und Kunstfreiheit differenzierst, spricht der 1. Zusatz zur US-Verfassung ganz schlicht von der Redefreiheit, und auch das nur in einem Halbsatz. Trotzdem ist es bis heute das elementare Bürgerrecht in den USA, wichtiger als jede Staatsideologie vergleichbar der deutschen "Menschenwürde".


    Deutsche Medien berichten gerne darüber, dass in den USA mal wieder irgendein Film oder eine Fernsehsendung "zensiert" worden sei, und prostituieren sich damit für die Lügenpropaganda der deutschen Politik. Denn in den USA gibt es keine Zensur. Niemand kommt dort - anders als in Deutschland! - sogar ins Gefängnis, weil seine Meinung der Obrigkeit nicht gefällt. Wenn von "Zensur" in den USA die Rede ist, dann geht es darum, dass ein Film umgeschnitten werden musste, um eine bestimmte Altersfreigabe im Kino zu erhalten, oder dass eine Fernsehsendung nicht vor 22 Uhr auf einem der sechs größten nationalen Sender hätte laufen dürfen. Davon, dass jeder Film dort (anders als in Deutschland) ohne jede Prüfung frei auf DVD verkauft werden darf, dass das Kabelfernsehen (anders als in Deutschland) nicht überwacht wird, dass Bücher, Zeitschriften, Comics, Videospiele usw. (anders als in Deutschland) nicht zensiert werden - davon ist nie die Rede. Wir sollen ja weiterhin glauben, wir lebten im freiheitlich-demokratischen Schlaraffenland. Den Amerikanern genügt, um sämtliche Ursula von der Leyens und ihre Geschwister im Ungeist in Schach zu halten, ein Halbsatz in ihrer Verfassung, der sich wortwörtlich bloß um die Freiheit der Rede dreht...

  • Die Einschränkung im Absatz 2 gilt nur die Meinungsfreiheit, nicht für Kunst und Wissenschaft. Laut Bundesverfassungsgericht kann und darf Kunst auch pornografisch, d.h. jugendgefährdend sein. Und wenn sie das ist, dann kann, aber muss der Jugendschutz nicht greifen – es kommt auf Einzelfall an.


    Denn würde Jugendschutz immer Vorrang vor Kunstfreiheit haben, dann würde man unzulässiger Weise in Rechte Erwachsener eingreifen, weil für die als jugendgefährdend geltenden Werke keine Werbung betrieben werden könnte, was zur Folge hätte, dass diese Werke auch für Erwachsenen praktisch nicht mehr existierten.



    Zitat

    (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

    In Deutschland existiert kein Sittengesetz, daher ist auch dieser Absatz mehr als problematisch: Sich auf ein Sittengesetz zu berufen, das nicht existiert, dürfte etwas schwierig sein.


    Zitat

    Die Freiheit der Meinung und der Kunst finden ihre Grenzen zum einen in den Rechten Dritter, zum anderen in dem hohen Maß an Verantwortung, die jedem einzelnen zukommt.

    Noch einmal: das gilt nur für Meinungen, nicht für die Kunst.


    Zitat

    Und das alles zusammen ändert noch nichts an der Tatsache, dass es sich im konkreten Fall (der Diskussion um Stus erste Geschichte) nicht um Kunst vs. Zensur, sondern einfach um den Zusammenstoß gleichberechtigter Interessen dreht.

    Gleichberechtigten Interessen – welche sind das?


    Im Übrigen bin ich fast völlig der Meinung von Caliente.

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Ich finde, diese Diskussion ufert jetzt ein klein wenig aus und überdeckt die eigentliche Problematik. NicoS hatte in seinem ersten Kommentar schon darauf hingewiesen.


    Wir sind hier eine Community, die sich einem bestimmten Thema widmet. Jeder kann in dieser Community Geschichten veröffentlichen, ohne dass für diese Geschichten vorher geprüft wurde, ob diese in das Konzept der Site und zum Qualitätsanspruch der Community passen.


    Über die Bewertung und das Forum hat die Community u.a. die Möglichkeit ihre Meinung zu äußern, ob die Geschichte in diese Community hineinpasst. Insofern ist der Ruf nach einer Löschung einer Geschichte einfach nur Ausdruck eines Community-Mitglieds, dass eine Geschichte nicht hierher gehört. Es ist nicht der Ruf nach einem globalen Verbot dieser Geschichte.


    Wenn jemand an meine Hauswand einen Spruch sprayt, muss ich den dann aufgrund der Redefreiheit dranlassen, oder darf ich den auch entfernen? Wenn sich jemand in meinem Freundeskreis ausländerfeindlich äußert, ist das dann auch Redefreiheit und darf ich nicht fordern, dass er diese Äußerung widerruft und darf ich ihn ggf. dann auch nicht aus meinem Freundeskreis ausschließen weil er doch nur von seiner Redefreiehti gebrauch gemacht hat?


    Ich denke, als Community sollten wir sehr wohl auch in der Lage sein selber zu bestimmen wer hier hinein passt und wer nicht. Für das öffentliche Leben und den Staat gelten sicherlich andere Maßstäbe als für einen freiwilligen Zusammenschluß von Leuten mit ähnlichen Interessen.


    Für mich kann ich nur sagen, dass ich Geschichten über Vergewaltigungen in dieser Community als unpassend empfinde und nicht wünsche, dass diese Geschichten hier auf Dauer veröffentlicht sind und bleiben. Wenn dem in Zukunft so sein sollte, dann müsste ich für mich beschließen, dass ich nicht Teil einer solchen Community sein möchte und mich hieraus verabschieden. Ich denke aber, dass es nicht soweit kommen wird.


    In der ursprünglichen Diskussion kam auch mal die Forderung nach Toleranz hoch. Ein abschließender Satz dazu über den jeder mal nachdenken darf. Toleranz darf nicht zur Gleichgültigkeit führen.

    Leben kann man nur vorwärts.
    Verstehen kann man es nur rückwärts.
     
    [SIZE=1]Soren Kierkegaard[/SIZE]

  • Ich stimme Joda vollständig zu.


    Zitat

    Original von Caliente
    Nico : Du argumentierst entlang des Grundgesetzes, ich tue genau das nicht. Es mag dich gerade dieses Jahr, da unsere Politiker den 60. Jahrestag seiner Verabschiedung mit zahllosen Lobeshymnen feiern, überraschen oder entsetzen, aber ich bin keine Freundin "unseres" Grundgesetzes.


    Ob man es mag oder nicht - es ist der Maßstab, der uns zur Verfügung steht. Wenn jeder nur noch seinen eigenen Freiheitsbegriff anwendet, führt die Diskussion uns Leere.


    Zitat

    Original von Caliente
    Ich weiß, in gewohnter deutscher Unbescheidenheit ist man der Meinung, das deutsche Grundgesetz sei der Inbegriff der Demokratie schlechthin, die demokratischste Verfassung der Welt, und - natürlich nichts gegen unsere Freunde in Europa und überall - ihren politischen Systemen einfach haushoch überlegen.


    Wer ist "man"? Ich denke, wir sollten auf der Ebene der eigenen Ansichten und Meinungen bleiben - irgendwelche Unbekannten, nicht näher bezeichneten "mans" als Zeugen heranzuführen, finde ich wenig sinnvoll. Übrigens, nur für den Fall, dass es da Irrtümer gibt: Ich teile die Meinung dieses unbekannten "man" keineswegs.


    Zitat

    Original von Caliente
    Du schreibst von der Abwägung der Meinungsfreiheit gegen die "Rechte Dritter", meinst damit aber - wohl unbewusst und unbeabsichtigt - letztlich die Unterordnung der Meinungsfreiheit unter gewisse Staatsideologien.


    Die Dritten sind für mich in diesem Zusammenhang die Leser und Mitnutzer dieses Forums und in einem weiteren Sinne die Gruppe der Frauen, die eine Vergewaltigung bereits erlitten haben. Oder um es direkt zu sagen: Angesichts der grauenhaften Erfahrungen von unzähligen Frauen (und auch einigen Männern) werden die Rechte von Menschen, nämlich speziell der Würde und körperlichen Unversehrtheit, massiv verletzt, wo offen und unkommentiert Vergewaltigungsakte als reine Schaustücke dargestellt werden. Und ich sehe absolut keinen Zusammenhang mit irgendeiner Staatsideologie - abgesehen vielleicht von der traurigen Tatsache, dass auch unser Staat dergleichen immer noch nicht so konsequent verfolgt und ahndet, wie es wünschenswert wäre. Und falls es dir vorkommt, als schimmere hier nun meinerseits etwas persönliche, emotional gefärbte Betroffenheit durch, liegst du nicht falsch: Ich habe zehn Jahre lang in einem Anti-Gewalt-Projekt mitgearbeitet und kenne die Materie besser, als mir lieb ist.


    Im weiteren holst du zu einem Rundumschlag gegen das gesamte Gesellschaftssystem aus, in dem neben manchem, dem ich gerne zustimme, soviel zusammengeworfen wird, was nicht zusammen gehört und teilweise unrichtig ist, dass es sehr schwer fiele, den Knoten da noch zu aufzudröseln.


    Was mich bei all dem - und um mal zum Thema dieser Website zurückzukehren - interessieren würde:


    Wenn wir die Freiheit der Meinung, der Kunst und meinetwegen auch die US-amerikanische Form der Rede über alles setzen, wo ziehst du dann die Grenze? Was ist deine Regel, oder wie weit geht deine Freiheit - bezogen auf die Darstellung von Erotik plus Gewalt?


    Nico S.

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  • Zitat

    Original von NicoS
    Wenn wir die Freiheit der Meinung, der Kunst und meinetwegen auch die US-amerikanische Form der Rede über alles setzen, wo ziehst du dann die Grenze? Was ist deine Regel, oder wie weit geht deine Freiheit - bezogen auf die Darstellung von Erotik plus Gewalt?


    Ich nehme diese Frage zum Anlass, etwas Grundsätzliches zum Thema zu sagen:


    Ein jeder von uns hat ein ganz persönliches Kriterium für das, was er als pervers bezeichnet. Dieses Kriterium ist im Wesentlichen das Ergebnis seiner Erziehung und der Umgebung, in der er aufgewachsen ist bzw. lebt. Und all das ist sehr stark abhängig von dem jeweiligen Zeitgeist.


    Um das zu illustrieren: Es hat Zeiten gegeben (noch nicht sehr lange her), in denen ein Zungenkuss, ein Geschlechtsakt von hinten (wie die Tiere) oder ein Analverkehr als pervers galten, um ganz zu schweigen von Homosexualität – die war nicht nur pervers, sondern per Gesetz verboten, d.h. jeder, der sich zu ihr bekannte, musste ins Gefängnis, wie auch diejenigen, die sich erdreisteten, über die homosexuelle Liebe so erotisch zu schreiben wie andere über die heterosexuelle.


    Gut, man könnte einwenden, dass das nur konsequent war, schließlich war zu jener Zeit die Homosexualität selbst verboten. Außerdem konnte man einwenden, dass die erotischen oder pornografischen Darstellungen der Homosexualität die Betrachter und Leser dazu verleiten könnte, selbst homosexuelle Praktiken auszuprobieren bzw. homosexuell zu werden.


    Nun Zeiten haben sich geändert: Man hat erkannt, dass es ein Irrweg war, Homosexuelle, die offenbar nichts für ihre Homosexualität konnten, und Künstler, die sich mit dem Thema beschäftigten, zu diskriminieren. Aber obwohl jetzt niemand mehr glaubt, mit Detailbeschreibung eines sexuellen Aktes zwischen zwei Männern jemand zur Homosexualität zu verleiten, so glaubt man immer noch, dass jemand, der gewaltpornografische Geschichten liest, könnte dazu verleitet werden, selbst gewalttätig zu werden (das gleiche sollte laut unseren Frau von Leyden auch für Kinderpornos gelten, was m.M.n völliger Unsinn ist, denn sexuelle Orientierung hat man ein Leben lang und kann sie nicht nach Belieben wechseln, wäre dem anders, könnte man auch aus Homosexuellen Heterosexuelle machen, was man, wie gesagt, als Irrweg erkannte und entsprechend handelte).


    Es fragt sich nun, warum dem so ist. Warum glaubt man immer noch, detailierte Darstellungen sexueller Gewalt sind schlimmer als detailierte Darstellungen von Mord und Totschlag? Okay, Vergewaltigungen und Mord und Totschlag sind abscheuliche Verbrechen und zu Recht verboten, aber obwohl ein Mord oder ein Totschlag laut Gesetz ein schlimmeres Verbrechen darstellen als eine Vergewaltigung, wird bei der Beschreibung dieser Verbrechen allein die Vergewaltigung als nicht zumutbar für die Leserschaft empfunden und weiter per Strafgesetzbuch fast so streng verfolgt wie die Kinderpornografie. Über Mord und Totschlag dagegen darf man so detailiert schreiben wie man lustig ist – und diese Krimis gibt es in jeder Buchhandlung, auch kniehoch und für Kinder leicht erreichbar.


    Dass dem so ist, ist sicher kein Fehler im System, sondern entspricht absolut dem Fühlen und Denken der Bevölkerung, was sich hier auch in den Kommentaren zu einer fiktiven Geschichte deutlich abzeichnet(e).


    Das zum Nachdenken über uns.

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Mord und Totschlag werden allerdings in diesen Krimis selten so detailliert geschildert wie die Vergewaltigung in Stus Story, und schon gar nicht als eine Veranstaltung, bei der das Opfer wie die Tat lediglich dem Lustgewinn der Leser dienen, und die Geschichte neben dem Vorgang selbst keinerlei Inhalte mehr besitzt.


    Als Grundregel dürfte heute gelten, dass es eben um einen einverständigen Akt zwischen Erwachsenen gehen muss - als kleinster und relativ leicht feststellbarer Minimalkonsens. Dass auch diese Sichtweise in hundert Jahren überholt sein könnte, würde ich gar nicht abstreiten - nur bliebe das im Bereich wilder Spekulation und brächte uns heute kaum weiter.


    ... soweit als Ergänzung und Kommentar zu deinem Post, dem ich größtenteils zustimme, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich deine Kernaussage wirklich richtig verstanden habe.


    Eine Randbemerkung noch: Ich halte sexuelle "Orientierung" selbst für einen bereits wieder überholten Begriff - jedenfalls was die Prädisposition für ein Geschlecht betrifft. Wie überraschend hoch der Anteil von Menschen mit sogenanntem "bisexuellem", also eigentlich wechselndem Partnerwahlverhalten ist, hat Kinsey ja schon in den 1950er Jahren nachgewiesen. Mir scheint, dass wir heute an der Schwelle einer Zeit stehen, in der das Geschlecht eines Partners - im Vergleich zu anderen Merkmalen - einfach kein so wichtiges Kriterium mehr ist. Selbstverständlich entscheiden sich dennoch 90% der Menschen weiter für gegengeschlechtliche Partner (und Männer eher als Frauen), doch das liegt für mich eher auf der Ebene einer Gewohnheit als einer (gar genetisch bedingten) "Orientierung".


    Nico S.

    Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern. 
    Heinrich Heine


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  • Zitat

    Original von NicoS
    Mord und Totschlag werden allerdings in diesen Krimis selten so detailliert geschildert wie die Vergewaltigung in Stus Story, und schon gar nicht als eine Veranstaltung, bei der das Opfer wie die Tat lediglich dem Lustgewinn der Leser dienen, und die Geschichte neben dem Vorgang selbst keinerlei Inhalte mehr besitzt.


    Es geht nicht darum, wie oft oder wie selten Morde und Totschlag in den Medien detailiert beschrieben bzw. gezeigt werden, sondern darum, dass das überhaupt geschehen kann, ohne dass das als jugendgefährdend oder als gegen die Würde des Menschen verstoßend angesehen wird. Und ob jemand bei einer Vergewaltigungsstory Lust empfindet, ist nicht die Sache des Autors, sondern allein die des Lesers. Oder etwas schärfer formuliert: In diesem Fall muss man sich nicht um die geistige Gesundheit des Autors sorgen, wie eine Leserin bei der Geschichte von Stu meinte, sondern um die des Lesers.



    Zitat

    Als Grundregel dürfte heute gelten, dass es eben um einen einverständigen Akt zwischen Erwachsenen gehen muss - als kleinster und relativ leicht feststellbarer Minimalkonsens.


    Das ist Wunschdenken, denn die Welt ist nicht so. Und dürfte man die Welt nicht so zeigen und beschreiben wie sie ist – oder wie sie in der Fantasie des Autors ist -, dann könnte man gleich aufhören zu schreiben. Glücklicherweise ist das bei uns in der westlichen Welt nicht der Fall – mit Ausnahme der sexuellen Gewalt, die nicht dargestellt werden darf. Auf diese Diskrepanz wollte ich mit meinem Beitrag hinweisen.

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Hallo Erpan,


    dass die Darstellung von Gewalt nie als jugendgefährdend eingestuft wird kann ich so nicht stehen lassen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) befasst sich auch mit der Gewaltdarstellung in den Medien und gibt hierfür eine entsprechende Liste mit indizierten Titeln heraus. Für Printmedien gibt es nach meinem Kenntnisstand nichts, was der FSK für Filme entspricht. Die Beantragung der Indizierung durch die BPjM ist leider recht kompliziert, so dass hiervon wenig gebrauch gemacht wird.


    Deine Behauptung, der Autor hätte keine Verantwortung für die Gefühle seiner Leser ist nur bedingt richtig. Wenn ich eine Vergewaltigungsstory in einem Forum für erotische Geschichten zum Thema einseitiger Nacktheit veröffentliche, kann doch nur Ziel sein, dass die Leser dieses auch als erotische Geschichte empfinden. Warum sonst in diesem Forum veröffentlichen? Ich kann meine Verantwortung als Autor nicht einfach wegschieben und sagen die Leser sind schuld, denn die haben schließlich so gedacht! Wenn der Leser etwas anders interpretiert als ich es geschrieben habe ist es sicherlich etwas anderes. Wenn ein Journalist im Rahmen einer Reportage über Vergewaltigungen und Vergewaltigungsopfer berichtet und dann jemand Lust beim Lesen empfindet kann der Autor nichts dafür. Aber wenn ein Leser eine Geschichte aus einem Forum für erotische Geschichten liest und dabei Lust empfindet kann das doch nur vom Autor so gewollt sein.


    Über Deine Behauptung, dass der einvernehmliche Akt als Minimalkonsens lediglich einWunschdenken ist, kann ich nur den Kopf schütteln. Sicherlich ist es Realität, dass es zu Vergewaltigungen kommt. Aber hierbei handelt es sich um Straftaten außerhalb der Grundregel. Und unser aller Pflicht ist es, diesen Minimalkonsens nicht aufzuweichen bzw. aufweichen zu lassen und unsere Stimme zu erheben. Und dieses war ja der eigentliche Auslöser dieser ganzen Diskussion. Mehrere Teilnehmer dieser Community haben ihre Stimme erhoben um ihre Werte zu bewahren und zu schützen und Ihrem Willen Ausdruck zu verleihen, solche Vergewaltigungsstorys aus diesem Forum für erotische Geschichten zu bannen.


    Und als ich von einem US-Gerichtssender gehört habe, in dem Mörder eine Plattform erhielten detailliert ihre Morde zu beschreiben gab es auch einen weltweiten Aufschrei. Allerdings ist dieser Aufschrei in den USA verpufft. Hier in Deutschland halte ich solch einen Sender übrigens für nicht etablierbar, weil unsere Gesellschaft an dieser Stelle besser funktioniert und es noch(?) ausreichend Menschen gibt, die etwas sagen und denen die Gesellschaft und deren Werte am Herzen liegen.

    Leben kann man nur vorwärts.
    Verstehen kann man es nur rückwärts.
     
    [SIZE=1]Soren Kierkegaard[/SIZE]

  • Hallo joda36,


    natürlich befasst sich BPjM auch mit den Gewaltdarstellungen, aber die Kriterien sind gänzlich andere: Kaum ein Tatort kommt ohne Mord aus, da wird geschossen und totgeschlagen, da fließt richtig Blut – alles zur besten Sendezeit. Oder betrachte mal die Kinofilme: Da durchschlagen Kugeln in Zeitlupe Köpfe und Körper, da werden z.B. dem James Bond die Eier kaputtgeschlagen und die Reaktion ist: Der Film Casino Royale ist bei uns ab 12 Jahren freigegeben.


    Und dieser Film ist pure Fiktion, das Ganze ist reine Unterhaltung – mit Absicht. Und dann kommst Du und erzählst was von Verantwortung, die ein Autor haben müsse! Entweder Du weißt nicht, wovon du schreibst, oder denkst, Tötungen und Folterszenen sind in einem Film weniger schädlich und verletzen weniger die Würde des Menschen als wenn das Gleiche in einem Text auf schambereich.net stünde. Bei der Antwort darauf bedenke bitte, dass beide, Film wie Text, nur der Unterhaltung dienen.


    Über deinen Argument, dass Vergewaltigungen verboten seien und schon deshalb die Darstellung zu unterbinden sei, kann ich meinerseits nur lachen: Morde und Totschlag und Folter sind auch verboten und dürfen, wie oben aufgezeigt, trotzdem dargestellt werden. Das ist nichts anderes als messen mit zweierlei Maßstab.

    Natürlich hat jedes Mitglied dieser Seite das Recht, seine Meinung zu äußern, aber das Verlangen nach Löschung geht einfach zu weit, denn damit schwingt man sich zum Richter über andere auf: er will für andere entscheiden, welche Geschichten sie in diesem Forum lesen dürfen und welche nicht. Dieses Recht hat allein der Admin, denn er allein hat die Verantwortung. Noch etwas: Wer solche Geschichten nicht lesen will, der meide gefälligst die Rubrik Macht/Ohnmacht, und wenn er es trotzdem tut, dann muss er halt damit rechnen, dass er eventuell etwas vorgesetzt bekommt, was nicht seinen moralischen Werten entspricht.


    Deine Werte, joda36, sind nur Deine und Du darfst sie auch behalten. Aber ich wehre mich dagegen, wenn Du versucht, sie mir aufzudrängen oder sie als allgemeingültig in diesem Forum durchzusetzen.

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Zitat

    Original von Erpan
    Es geht nicht darum, wie oft oder wie selten Morde und Totschlag in den Medien detailiert beschrieben bzw. gezeigt werden, sondern darum, dass das überhaupt geschehen kann, ohne dass das als jugendgefährdend oder als gegen die Würde des Menschen verstoßend angesehen wird. Und ob jemand bei einer Vergewaltigungsstory Lust empfindet, ist nicht die Sache des Autors, sondern allein die des Lesers. Oder etwas schärfer formuliert: In diesem Fall muss man sich nicht um die geistige Gesundheit des Autors sorgen, wie eine Leserin bei der Geschichte von Stu meinte, sondern um die des Lesers.


    Der Kontext ist das Kriterium. Krimis stellen Morde nicht als etwas Wünschenswertes dar. Vergewaltigung auf einer Erotik-Seite dagegen erhält einen ganz anderen Beigeschmack. Als Leser habe ich meine Verantwortung auch wahrgenommen, indem ich mich an der Diskussion beteilige. Dennoch kann keine Rede davon sein, dass der Autor, wenn er mit einer solchen Story bewusst genau diesen Veröffentlichungskontext wählt, völlig ohne jede Verantwortung bleibt.


    Zitat

    Original von Erpan
    Das ist Wunschdenken, denn die Welt ist nicht so. Und dürfte man die Welt nicht so zeigen und beschreiben wie sie ist – oder wie sie in der Fantasie des Autors ist -, dann könnte man gleich aufhören zu schreiben. Glücklicherweise ist das bei uns in der westlichen Welt nicht der Fall – mit Ausnahme der sexuellen Gewalt, die nicht dargestellt werden darf. Auf diese Diskrepanz wollte ich mit meinem Beitrag hinweisen.


    Nein, die von mir zitierte Regel ist nicht die Beschreibung der Welt, aber ein Maßstab, an dem man sich zumindest mal orientieren kann. Hier wo ich wohne, fährt auch kein Mensch 50 in der Stadt, jedenfalls nicht auf den Durchgangsstraßen. Dennoch behält man es als Maßstab bei.


    Ich habe es Caliente schon geschrieben: Ich habe mich zehn Jahre im Rahmen eines Anti-Gewalt-Projekts engagiert. Ich habe dabei die Erfahrung gemacht, dass Opfer - ob sexueller oder sonstwelcher Gewalt - in unserer Gesellschaft immer noch einen sehr, sehr niedrigen Stellenwert einnehmen. Das reicht von der Begeisterung der Medien für manche Täter (die oft als eine Art tragische Helden dargestellt werden) unter Übergehen der Opfer ihrer Taten über gewisse Eigenheiten unserer Strafprozessordnung bis hin zu der landläufigen unterschwelligen "naja, irgendwie war sie/er ja selbst schuld"-Meinung.


    Das finde ich einen ganz unerträglichen Zustand, und die Ausbeutung einer Opferrolle - und sei sie auch nur fiktiv - als Schaustück auf einer Website mit Erotikgeschichten setzt der Sache noch die Krone auf. Sorry, aber da hörts halt für mich auf, und ich nehme mir die Freiheit, ganz vehement meine Meinung dazu zu vertreten.


    Nico S.

  • O je, wo setze ich jetzt bloß zu einer Erwiderung auf alles seit meinem letzten Beitrag Gesagte an, und wie komme ich je zu einem Ende? ;)


    Naja, folgender Versuch: Meinungsfreiheit bedeutet nicht, irgendeine Äußerung eines anderen unterstützen, gutheißen oder billigen zu müssen. Meinungsfreiheit beinhaltet auch das Recht, jede beliebige Äußerung eines anderen inhaltlich und/oder formal abzulehnen oder zu verurteilen. Meinungsfreiheit bedeutet auch, dass ich mich der Kritik an meiner geäußerten Meinung zu stellen, oder die Kritiker meiner geäußerten Meinung jedenfalls gewähren zu lassen habe.


    Meinungsfreiheit bedeutet, dass ich meine Meinung äußern darf, ob sie anderen gefällt oder nicht, und das ich ggf. ihre Ablehnung und Kritik zu akzeptieren habe.


    Der Ruf nach gewissen, definitven Grenzziehungen ist leicht, so lange man sich selbst auf der richtigen Seite glaubt oder weiß. Nur, wie lange bleibt man dort? Viele, sehr viele der Geschichten auf dieser Seite wollen die Leserinnen und Leser erregen, indem sie von Nacktsituationen erzählen, in die Frauen gegen ihren Willen auf verschiedene Formen äußeren Drucks hin geraten - seien es direkte Nötigungen, der Zwang, sich der Stellung von Autoritätspersonen oder einem Abhängigskeitsverhältnis zu beugen, oder emotionaler Druck. In anderen Geschichten werden die Protagonistinnen überlistet, und/oder in Situationen, in denen sie sich sicher fühlen, bespitzelt. Natürlich, eine buchstäblich in die Scheide gerammte Shampooflasche ist noch etwas anderes, irgendwo ist da eine Grenze.


    Aber - wo genau? Wer bestimmt die Kriterien, wer wendet sie an? Irgendeine Mehrheit? Wie bestimmt die sich in einer Community mit über 20.000 (!) angemeldeten Mitgliedern, von denen sich vielleicht ein paar Dutzend überhaupt nur regelmäßig oder sporadisch an Diskussionen im Forum beteiligen? Oder, im Gegenteil, eine Minderheit, die von bestimmten Themen oder Darstellungen besonders berührt wird? Genügt da ein(e) Betroffene(r), oder müssen es mehrere sein? Zählen Leute, die selbst nicht betroffen sind, aber Betroffene kennen? Oder müssen Betroffene Unterstützerstimmen von Nichtbetroffenen beibringen, die deren Position nachvollziehen können und als berechtigt bestätigen?


    Die Diskussion über die Schilderung von Straftaten in Kriminalgeschichten/-filmen zeigt bereits, wie sehr die Ansichten da auseinandergehen können: für die einen ist sowas unproblematisch, schließlich geht es ja im Fortgang der Ereignisse gerade darum, eine geschilderte Tat zu sühnen, und den Täter seiner gerechten Strafe zuzuführen, also der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Andere sehen das ambivalenter, etwa indem sie zu Bedenken geben, dass man dennoch zu seiner Unterhaltung, seinem Nervenkitzel ein fiktives Verbrechen geschehen lässt, sich daran vergnügt, dass es ein aufzuklärendes und zu sühnendes Verbrechen gibt. Oder dass man gar eine differenzierte Haltung gegenüber dem Geschehen einnimmt, sich vielleicht vor sich selbst hinter dem Vorwand des Aufklärungsinteresses versteckt, um seine Sympathie für den Täter, seine eigene Lust am Grusel ob seiner Taten zu durchleben.


    Es ist die sich immer wiederholende Frage: wer entscheidet das? Wer setzt die Maßstäbe? Wo und warum?


    Das geht jetzt nicht längst auf alle neuen Beiträge ein, aber es beschränkt sich eben auf den Kern der ganzen Diskussion. ;)

  • Zitat

    Original von NicoS
    Der Kontext ist das Kriterium. Krimis stellen Morde nicht als etwas Wünschenswertes dar. Vergewaltigung auf einer Erotik-Seite dagegen erhält einen ganz anderen Beigeschmack.


    Ob sich Leser bei einem Krimi an dargestellten Morden/Vergewaltigungen ergötzen, darüber muss sich ein Krimiautor keine Gedanken machen, aber schreibt er das Gleiche in einer erotischen Geschichte, dann sollte er das gefälligst machen – das ist deine Aussage. Du vergisst dabei, dass Krimis wie erotischen Geschichten nur Unterhaltung dienen, und machst eine Unterscheidung dort, wo keine hingehört - eine Schilderung eines Mordes oder einer Vergewaltigung ist, was sie ist: nur eine Schilderung, nichts geschieht wirklich. Und: Auf die Absicht des Autors kommt es gar nicht an, denn diese könnte ein gänzlich andere sein, als die vom Leser wahrgenommene – wie man das hier wunderbar sehen kann an total unerotischen Geschichten, die aber Autoren für erotisch halten.


    Daher betone ich: Für die Gedanken und Gefühle des Lesers ist der Autor nicht verantwortlich zu machen.


    Zitat

    Original von NicoS
    Ich habe mich zehn Jahre im Rahmen eines Anti-Gewalt-Projekts engagiert.


    Das erklärt deine Haltung, die daher – und da wirst du mir sicher zustimmen – sehr speziell ist. Diese deine Haltung als Maßstab auch für diese Seite zu propagieren, dafür steht dir jedes Recht zu. Aber du wirst verstehen, dass es Leute gibt, die deine Meinung nicht teilen und deswegen auch nicht wollen, dass sie auf dieser Seite zu allgemeinem Kriterium wird.


    Zitat

    Original von Caliente
    Die Diskussion über die Schilderung von Straftaten in Kriminalgeschichten/-filmen zeigt bereits, wie sehr die Ansichten da auseinandergehen können: für die einen ist sowas unproblematisch, schließlich geht es ja im Fortgang der Ereignisse gerade darum, eine geschilderte Tat zu sühnen, und den Täter seiner gerechten Strafe zuzuführen, also der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Andere sehen das ambivalenter, etwa indem sie zu Bedenken geben, dass man dennoch zu seiner Unterhaltung, seinem Nervenkitzel ein fiktives Verbrechen geschehen lässt, sich daran vergnügt, dass es ein aufzuklärendes und zu sühnendes Verbrechen gibt. Oder dass man gar eine differenzierte Haltung gegenüber dem Geschehen einnimmt, sich vielleicht vor sich selbst hinter dem Vorwand des Aufklärungsinteresses versteckt, um seine Sympathie für den Täter, seine eigene Lust am Grusel ob seiner Taten zu durchleben.


    Es ist die sich immer wiederholende Frage: wer entscheidet das? Wer setzt die Maßstäbe? Wo und warum?


    In Zweifel entscheidet immer der, der am meisten schreit. Oder anders gesagt: Es sind immer diejenigen, die Löschung von Geschichten fordern, wenn diese nicht ihren eigenen Kriterien von Moral und Anstand und Würde usw. entsprechen. Und wenn der Admin nicht gleich macht, was sie verlangen, drohen sie ihm unterschwellig mit Staatsanwalt: Er könnte sich strafbar machen, wenn er die oder jene Geschichte online lässt.


    Dabei unterschlagen sie die Tatsache, dass er dafür nur dann strafbar zu machen ist, wenn er davon weiß. Vielleicht ist das auch das Kalkül beim melden einer Geschichte, denn in dem er davon in Kenntnis gesetzt wurde, muss er sie löschen, selbst wenn er anderer Meinung ist - sicher ist sicher, man weiß ja nicht, zu was Leute fähig sind, wenn es nicht nach ihren Willen geht.

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Zitat

    Original von Erpan
    Daher betone ich: Für die Gedanken und Gefühle des Lesers ist der Autor nicht verantwortlich zu machen.


    Diesem Argument kann ich nicht folgen. Natürlich würde ich den Autor nicht verantwortlich machen, wenn er z.B. ein sehr melancholisches Gedicht schreibt, und jemand springt dann mit dem Gedichtband in der Hand von der Brücke. Doch das andere Extrem ... ihn völlig jeder Verantwortung zu entheben, gleich was und wie er schreibt, wo es veröffentlicht wird und vor allem mit welchen Absichten oder Hintergedanken ... kann ich nunmal nicht gut heißen.


    Zumal es noch vor allen anderen Erwägungen jede Kritik ad absurdum führt: Was soll dann, nach deinem Verständnis, einer dafür können, wenn Leute seine Geschichten ekelhaft, unethisch, abstoßend oder einfach hundsmiserabel finden? Es sind ja nur ihre "Gedanken und Gefühle", und er als Autor ist dafür nicht verantwortlich ...


    Nico S.