Im Zuge der Verfassung meines o.a. Beitrages bin ich auf eine weitere köstliche Entscheidung des 4.Senats des OGH aus 2003 gestoßen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:
Aktfotos (U-Bahn-Express) 4 Ob 211/03p
Auch hier willigt ein junges Mädchen zuerst ein, daß Nacktfotos von ihr gemacht und in Zeitungen (gegen Anteil am Honorar) veröffentlicht werden (Agenturvertrag). Später ist ihr das peinlich und sie versucht, weitere Veröffentlichungen zu verhindern.
vgl. auch meine Geschichte: Die Dorfschönheit
(dort gibt es zwar eine Einwilligung, aber lediglich einen mündlichen Vertrag, das Mädchen "berühmt" zu machen und eine "Wette" über € 5000).
Dorfschönheit
Der OGH entschied (Auszug):
Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt nun darin, dass von der Einwilligungserklärung der Klägerin auch Aktfotos umfasst sind. Es ist davon auszugehen, dass es - trotz des in den letzten Jahrzehnten eingetretenen tiefgreifenden Wandels in der Einstellung der Gesellschaft zur Sexualität und trotz des Abbaus vieler Tabus - nach wie vor von vielen, wenn nicht den meisten Menschen als peinlich empfunden wird, sich in der Öffentlichkeit nackt zu zeigen (MR 1997, 28 = ÖBl 1997, 140 - Nacktfotomontage). Es ist nicht selbstverständlich und weitverbreitet, von sich für die Öffentlichkeit bestimmte Aktfotos herstellen zu lassen. Nacktfotos betreffen regelmäßig den Kern der Persönlichkeit (Hager in Staudinger, BGB13 § 823 C 184 mN zur Rsp des BGH). In diesem höchstpersönlichen Intimbereich überwiegen deshalb im Interessenkonflikt des § 78 UrhG ungeachtet einer einmal erteilten Veröffentlichungsermächtigung - mag diese auch unwiderruflich und uneingeschränkt eingeräumt worden sein - regelmäßig die Interessen des Abgebildeten, auch wenn dieser einem Berufsfotografen Modell gestanden ist.
Was meint ihr?
Geht es dem Mädel nicht einfach nur ums Geld? (Sie hat lt. Agenturvertrag nur Anspruch auf 20% des Honorars). Kann es ihr wirklich peinlich sein, daß weitere Aktfotos von ihr in der Zeitung erscheinen, nachdem sie sich genau zu dem Zweck nackt fotografieren hat lassen, nur weil sie jetzt Filmschaffende geworden ist?
Ein Kernthemaa im SB wie ich meine!
Juristisch löst der OGH die Frage der Kündigungsmöglichkeit des Agenturvertrags so (übrigens mit Verweis auf ein deutsches Standardwerk zu §22 KUG):
Jeder Änderung der eigenen Überzeugung des zunächst mit seiner Zustimmung Abgebildeten muss hier Rechnung getragen werden; schon die schlichte Mitteilung des Betroffenen, dass er eine Veröffentlichung von Nacktfotos künftig nicht mehr wünsche, ist als wirksamer Widerruf einer einmal erteilten Einräumung von Rechten am eigenen Bild zu beurteilen (Hager aaO mwN; ihm folgend Gass in Möhring/Nicolini, dUrhG § 60 Anh § 22 KUG Rz 32). Dabei kann es auf Gründe für diesen Gesinnungswandel nicht ankommen, müsste eine solche Prüfung doch überwiegend nach subjektiven Kriterien erfolgen, womit schon durch diese Prüfung selbst in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingegriffen würde (Gass aaO). Von einem solchen Widerruf unberührt bleiben allfällige Rechte des Fotografen auf Ersatz der vorangegangenen Aufwendungen (freilich unter Anrechnung der ihm auf Grund bisheriger Veröffentlichungen zugeflossenen Entgelte). Konnte die Klägerin demnach die Einräumung von Veröffentlichungsrechten wirksam widerrufen, kommt es auf die von ihr weiters aufgeworfene Frage nicht mehr an, inwieweit Dauerschuldverhältnisse mit überlanger Bindung oder ohne Widerrufsmöglichkeit wegen des damit verbundenen Verlusts der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und jeder zukünftigen Verfügungsmöglichkeit und Einflussnahme generell als sittenwidrig anzusehen sind (vgl dazu Apathy in Schwimann, ABGB² Rz 9 zu § 879 mwN; Krejci in Rummel, ABGB³ § 879 Rz 86 mwN; JBl 1992, 517; ÖBl 1993, 220 - Bierbezugsvertrag II uva).
Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 17. 5. 2002 untersagt, künftig Fotos von ihr zu veröffentlichen. Dieser Widerruf ist - wie zuvor ausgeführt - wirksam, soweit er Aktfotos der Klägerin betrifft, und wurde vom Zweitbeklagten dadurch missachtet, dass noch im Februar 2003 Fotos, die die Klägerin nackt zeigen, auf seiner Homepage aufrufbar waren. Der Sicherungsantrag ist ihm gegenüber somit berechtigt.
Man kann auch anderer Ansicht sein...
baer