"Anja und Daniel" von Grussilda

  • Nach "langer" Zeit eine lange Geschichte, die sich mit dem Thema Bondage beschäftigt. Die Geschichte besteht aus 4 (oder 5?) Teilen, die in EINEM Dokument verpackt sind.


    Teil 1: Die Geschichte befindet sich im oberen Mittelfeld der SB-Storys und weniger wegen der Länge (es kommt nicht auf die Größe an!), sondern weil sie realtiv ausführlich geschrieben ist. Das Thema finde ich interessant und auch wenn das Bruder-Schwester-Shipping ein alter Hut ist, finde ich es reizvoll. Ich kann auch dem Setting, einer Pferdekoppel etwas abgewinnen. Die Geschichte hat Humor, der manchmal verkrampft wirkt, aber besser wenig guter als gar kein Humor. Auch Spannung ist da. Aber der Funke ist nicht übergesprungen. Das liegt an mehreren Dingen:


    1. Mir fehlt die Emotion. Ich habe das Thema Bondage schon einmal in einer Geschichte gelesen und fand es dort eindrücklicher präsentiert, weil ich mit der Figur mitgelitten habe. In dieser Geschichte habe ich, durch die Augen der Hauptfigur, miterleben können, weil sie ein Mensch, den man bewundert, mit seiner Vorliebe ein Stück selbst zerstören kann. Aber das ist ein relativ spezieller Fall. Mir hätte es gereicht, wenn mich die Figur überrascht hätte. Das Problem vieler solcher, auf Erregung ausgelegten, Geschichten ist, dass die "Überraschung" darin besteht, dass die geheimen Wünschen, die man angeblich nicht für durchführbar gehalten hatte, wirklich, wirklich, wirklich passieren. Das kann man machen - aber es funktioniert nur, wenn man der Figur noch andere Probleme ins Säckchen legt. Wenn man vom Geschehen ablenkt und sich der Leser umso deutlicher fragt "Schafft sie es noch, ihr Hauptproblem zu lösen?". Ich wil mit den Figuren mitleiden. Oder geil sein.


    2. Ein komisches Setting. Ich weiß nicht, wie man auf die Idee kommt, jemanden an einen Zaun zu fesseln und keiner nachfragt. Klingt für mich nach dörflicher Langeweile und/oder viel Alkohol.

    3. Der Schreibstil.
    Besonders am Anfang machten die kurzen Sätze den Text trocken. Man gewöhnt sich daran, aber trotzdem wirkt der Text abgehackt und nicht so fließend. Deswegen geht das Gefühl verloren.


    Alles in allem: Die Grundgeschichte gefällt mir, aber die Umgebung ist für mich nicht glaubwürdig. Und der Ausdruck ist nich förderlich. Ich hoffe noch auf eine schöne Sexszene, aber überzeugt bin ich nicht.


    Teil 2: Nachdem Teil 1 mit einer wundervollen Einleitung einschließlich Alter und (ewig-schlank-muskulösem) Körperbeu folgte, widmet sich dieser Teil eindrücklicher der SM-Thematik. Sogar mit Tiefe. Auch wenn es nicht mein Thema ist, gefällt es mir, wie die Figur von der Fesslung zu den Machtspielchen und zur Peitsche kommt. Das war sehr gut! Leider übertreibt es die Autorin mit der Keyword-Dichte. Viele Menschen haben Worte, bei deren Klang sie erregt werden und je häufiger sie erwähnt werden, desto erregter werden sie. Kenne ich :P Aber hier macht es den Text ein bisschen steif. Ähnliches fühle ich bei der Geschichte in der Geschichte. Auch wenn ich selbst schon zu diesem Stilmittel gegriffen habe, um der Erregung eine andere Metapher zu geben und sie zu steigern, fand ich das hier unnötig. Es wäre mir lieber gewesen, wenn sich die Autorin auf das WEsentliche konzentriert hätte.


    Gut finde ich, dass der Fußfetisch manchmal anklingt, aber nie extrem thematisiert wird.


    Leider ist dieser Teil ein bisschen zu lang geworden, vor allem inhaltlich. Nachdem das Thema Macht behandelt wurde, kommt der Fotoapparat dazu, als Übertreibung des Voyerismus. Das steigert die Spannung, aber 1,25 Problematiken in einem Kapitel waren mir zuviel.


    Fazit: Ich finde mich langsam hinein in diese Parallel-Welt eines Western-Festes, das wohl nur als Tarnung für einen SM-Club dient :-) Auf gewollten Humor wird verzichtet, die Bruder-Schwester-Thematik wirkt rührend und das Kapitel ist inhaltlich tiefe. Würde man die Konturen besser ausarbeiten und die Bleistift-Linien wegradieren, dann wäre es noch etwas besser.

    Kommentatorin aus Leidenschaft :-)

    Frei nach Erich Kästner (Theorie) und Klaus Mann (Praxis):

     Schreibe nur über Dinge, die du selbst erlebt hast. Aber pass auf, dass sich keiner wieder erkennt :P

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  • Darf ich es einfach mal vulgär ausdrücken?
    Ich find die Geschichte GEIL!
    Sie trifft genau die Thematik nackte Frau vor bekleideten Männern und hat mich wirklich sehr erregt.
    Genau das wünsche ich mir, wenn ich hier eine Geschichte lese!
    Sicher verlässt sie irgendwo den Pfad der Realität, aber was soll's - ich finde schließlich auch Filme toll, in denen ein fliegender Delorean als Zeitmaschiene dient und hinterfrage dabei nicht die Realität.
    Einziger Kritikpunkt ist vielleicht die Länge, da sich die Handlungen doch ein wenig wiederholen, hätte man vielleicht etwas kürzen können.
    Trotzdem Danke, es hat mir viel Freude bereitet das ganze zu lesen und ich werde es nocheinmal tun!

  • Teil 3: Der dritte Teil besteht aus einer Liebesszene und einer weiteren FEsslung. Einerseits freut es mich, dass die Thematik auch im dritten Aufguss interessant wirkt, andererseits fehlt mir zunehmend die Tiefe. So schön ich die perfide Freude der Hauptfigur an der Fesslung fand, es wird langweilig. Es fehlt ein Gegenstück zur dauernden, honigsüßen Freude. Die obligatorische Fesslung musste an die Liebesszene herangehangen werden, was ich sehr schade finde. Ich fand das nicht nötig und auch nicht sehr prägnant. Und die Dialoge etwas steif. Ich denke, man hätte der lesbischen Freundin mehr Raum geben sollen.


    Die Liebesszene hat mich sehr interessiert und sie war feinfühlig, wie ich erwartet hatte. Erinnerungen steigen auf, ein liebevoller Umgang miteinander. Leider hatte ich bei der Sexszene Probleme mit der Logik. Denn es wirkt, als würden sich beide einander hingeben - aber gefesselte Arme stellen eine Einschränkung dar. Trotzdem gefiel mir der romantische Aspekt sehr gut.


    Teil 4: Im letzten Teil bekommt der Leser neben der Fesslung die Scham des öffentlichen Urinierens zu spüren. Das Element bereichert die Geschichte, gleichzeitig fiel es mir schwer zu glauben, dass Anja das Urinieren peinlich ist. Sehr schön fand ich, dass am Ende Andreas Perspektive erklärt wurde und der Leser noch einmal die Außensicht präsentiert wird. Leider wirken die Dialoge verkrampft, es gibt einige inhaltliche Wiederholungen und das Ende wirkt unfertig.


    Insgesamt eine Geschichte, die das Thema sehr interessant und stellenweise tief aufbereitet. An einigen Stellen konnte ich die GEdanken gut nachvollziehen, an anderen war die Handlung zu konstruiert und zu sehr auf Effekte ausgelegt.

    Kommentatorin aus Leidenschaft :-)

    Frei nach Erich Kästner (Theorie) und Klaus Mann (Praxis):

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