Tja, dann will ich es auch mal versuchen, auch wenn ich wahrscheinlich viele Dinge wiederholen werde, die schon geschrieben worden sind und dafür irgendwas wichtiges vergesse:
Erstmal muß eine Geschichte handwerklich gut gemacht sein. Rechtschreibung und Interpunktion konnte man vor der Reform mal lernen, heute kann man es wenigstens versuchen. Mit dem Ausdruck ist das schon schwieriger, aber zumindest bemühen kann sich doch jeder, der etwas veröffentlichen will.
Was den Tempus angeht, gibt es IMHO nicht ohne Grund große Theoriegebäude über sowas wie das epische Präteritum. In der Schule habe ich gelernt, daß der Präsens in Inhaltsangaben benutzt wird und evtl. dann, wenn Dinge plötzlich oder sehr schnell passieren. (Gut, es gibt hier gelegentlich Geschichten, die sich wie kaum mehr als eine Inhaltsangabe lesen, aber das lag dann wohl kaum in der Absicht des Autors.)
Nun bin ich sowieso schon ein etwas unaufmerksamer Leser, und wenn mir dann eine in der Gegenwart geschriebene Geschichte auch noch suggeriert, ich müsse sie besonders schnell lesen, um mit dem Tempo ihrer Handlung mitzuhalten, dann kann es schon passieren, daß ich quasi über meine eigenen Augen stolpere. Jedenfalls habe ich dann keine Zeit mehr, mich in die Handlung und die Figuren einzufühlen, denn es muß ja ständig schnell weitergehen.
Ganz übel stoßen mir auch Geschichten auf, in denen der Autor sich nicht für eine Zeit entscheiden kann. Aber das ist ja eher ein handwerklicher Fehler als eine stilistische Entscheidung.
Weniger klar sind meine Vorlieben, was die Perspektive angeht:
Wenn ich mich entscheiden müßte, würde ich wohl die personale Perspektive (also dritte Person, aber nur an einer Figur orientiert) bevorzugen. Warum das so ist, bin ich mir selbst nicht ganz sicher, wird sich aber vielleicht in der Abgrenzung zu den anderen Möglichkeiten herauskristallisieren.
Die Ich-Perspektive wäre dann meine zweite Wahl. Hier sind wir zwar auch ganz nah an den Gefühlen und Gedanken der Erzählperson dran, aber die Erzählung ist nicht zuverlässig, sondern kann -eben weil es das eigene Erleben ist- subjektiv gefärbt sein. (Und das meine ich jetzt negativ, weil es meinen Forscherdrang behindert.) Außerdem sind einem Ich-Erzähler einige Aspekte verschlossen: "Ich lief knallrot an" kann ich nur erzählen, wenn ich in dem Moment zufällig grade vor einem Spiegel stand. Und dann gibt es da wieder ein handwerkliches Problem: Ich habe schon Ich-Geschichten gelesen, in denen mir erst klar wurde, ob da nun eigentlich Männlein oder Weiblein spricht, als irgendwann weit in die Geschichte hinein ein BH geöffnet wurde oder sich etwas in der Hose regte.
Dabei ist das auch von der Handlung ab eine wichtige Unterscheidung: Ist der Erzähler nicht die (zukünftig) nackte Frau, dann fehlt ihm zwangsläufig der Einblick in deren Innenwelt. Damit wird dann das IMHO sowieso gute Mantra "Show, don't tell" noch wichtiger: Wenn wir schon nicht wissen können, was grade in ihr vorgeht, warum sie reagiert, wie sie es tut, dann müssen wir zumindest sehr genau beobachten, welche Zeichen und Hinweise wir von außen entdecken können.
Über die auktoriale Erzählweise -also die allwissende dritte Person als Erzähler- kann ich eigentlich wenig sagen, weil ich mich nicht erinnern kann, schon eine gute -oder überhaupt eine- Geschichte in diesem Stil gelesen zu haben. Ich kann mir aber vorstellen, daß es schwierig ist, den "Rundflug durch die Köpfe" zu vermeiden.
Und was das "Du" angeht (Hm, "Sie" hat AFAIR noch nie jemand versucht...), habe ich ganz große Probleme. Wenn ich (also "Du") die Nackte bin, stimmt ganz offensichtlich irgendwas nicht, und in jedem Fall wird irgendwann der Moment kommen, wo der Autor mir sagt, daß ich irgendwas denke oder tue, das absolut nicht meiner (also hier, meiner) Persönlichkeit entspricht. Und dann bin ich halt raus. Wobei ich mich zu erinnern meine, hier letztens eine Geschichte in dieser Perspektive gelesen zu haben, bei der es mich nicht gestört hat, mir sogar bis kurz vor Ende garnicht aufgefallen ist, aber ich kann nicht mehr sagen, welche das gewesen sein könnte.
Oben habe ich es schon erwähnt, mich interessieren die Gedanken und Gefühle, die das Unterlegen-Sein, das Sich-Ausziehen-Müssen, das Nacktsein mit sich bringt. Und das auch gern en detail. Das Verhältnis der Menschen zueinander; was ist der Unterschied des Nacktseins vor einer Frau oder einem Mann, vor Unbekannten oder Bekannten, vor jemandem, in den ich unglücklich verliebt bin oder der in mich verliebt ist, mit dem ich aber nichts anfangen kann; ist es vielleicht sogar schlimmer, wenn man einen Ausweg hatte und ihn nicht genutzt hat, oder ist es leichter, wenn es die eigene Entscheidung war?
Eine gute Einleitung ist mir auch ganz wichtig. Damit meine ich weniger den perfekten ersten Satz als vielmehr, daß ich die Situation und die (wichtigen) Figuren verstehen muß. Wenn gleich in der ersten Szene die Sachbearbeiterin nackt vor ihrer ganzen Abteilung steht, gibt mir das wenig, weil ich keine Ahnung habe, wer sie ist, wie sie es sonst mir der Nacktheit hält, welches Verhältnis sie vorher zu ihren Kollegen und Kolleginnen hatte, ob ihr Standing in der Firma gut genug ist, um die Situation, die ich da grade beobachte, ohne Folgen zu überstehen, wenn nicht, welche das sein könnten, usw. usf.
Mal ganz abgesehen davon, daß so die ganze Spannung weg ist, noch bevor sie sich aufbauen konnte.
Nachdem ich die Figuren dann kennengelernt habe, sollten sie sich auch bitte innerhalb ihrer Welt und ihres Charakters plausibel und nachvollziehbar verhalten. Natürlich muß man diese Regel manchmal etwas biegen, damit die Geschichte voran oder überhaupt erstmal in Gang kommt; aber dann hätte ich auch dafür gerne eine innerhalb des gegebenen Rahmens plausible Erklärung.
Übrigens auch dann, wenn sich eine Situation plötzlich ändert. Wenn die Figur eben noch fröhlich nackt war, dann aber plötzlich merkt, was sie da tut und sich daraufhin schämt, möchte ich gern wissen, was dabei in ihr abläuft. Da darfst Du, lieber Autor, mich dann auch gern mal kurz für doof halten und mir eigentlich Offensichtliches aus Deiner Sicht nochmal erklären.
Absichtlich vermieden habe ich das Wort "Realismus". Denn sein wir mal ehrlich: Auch diejenigen unter uns, die den Gedanken interessant finden, daß ein Nacktfoto einer Schülerin unter ihren Klassenkameraden kursiert, hätten wohl kaum ein erotisches Interesse daran, daß sie sich aufgrund dieser Tatsache für's Leben traumatisiert nie wieder in eine Schule traut. Und das wäre in der Realität garkeine so unwahrscheinlich Folge.
Damit meine ich jetzt nicht, daß jede Geschichte ein Happy End haben sollte und im Gegensatz zu anderen hier finde ich etwa Erpressungsgeschichten nicht per se verwerflich, aber ich möchte mich nach dem Lesen einer erotischen Geschichte nicht schlechter fühlen als vorher - und schon garkein schlechtes Gewissen für das haben müssen, das ich vorher vielleicht über die Handlung gefühlt oder gedacht habe.
Wenn jemand über ein reales Ereignis schreiben kann, das gut ausgegangen ist, finde ich das natürlich umso besser. Aber wenn die Menschen sich in der Realität so verhalten würden wie in den Geschichten hier, sähe die Welt da draußen wohl um einiges anders aus...
Geschlechtsverkehr muß ich garnicht haben. Wenn es sich nicht grade um eine Vergewaltigung handelt -und da ist dann selbst meine Grenze überschritten- hebt so eine körperliche Vereinigung nämlich jedes vorher vielleicht bestanden habende Machtgefälle auf. (Ich glaube, es war Jürgen von der Lippe, der über den Mann beim Orgasmus sagte: "Fühlt sich wie Superman, aber sieht aus wie Goofy." Verräter.)
Und wenn es denn doch sein muß, bitte vom Erzähler her keine vulgäre Wortwahl (dirty Talk unter den Charakteren mag je nach Figur plausibel sein) und nicht die ewig gleiche Beschreibung der längst bekannten physischen Vorgänge. Vielleicht fallen ja mal jemandem neue Vorgänge ein...
Wobei ich ehrlich sein muß, sobald die Handlung sich auf die Körperteile unterhalb der Gürtellinie verlagert, überfliege ich den Text eigentlich nur noch auf der Suche nach dem Ende des karnalen Treibens. Da bin ich dann dankbar für eine irgendwie geartete Markierung.
Überhaupt ist die Wortwahl wichtig. Es mag zwar Ausnahmen geben, aber zum Beispiel ist "geil" so ziemlich das ungeilste Wort, das mir in einer Geschichte begegnen kann. Und zudem so furchtbar unspezifisch. Wieder so ein Fall, in dem "Show, don't tell" gleich in doppelter Hinsicht helfen würde.
(Was, 10 kB Maximum? Was soll das denn?)