Zu Nicos Beitrag.
Rein subjektive, momentane Charakter-Beurteilungen, Verurteilungen und Analysen ersetzen nicht eine sachliche, überzeugende Argumentation, gefusst auf Beispielen.
Zu Nicos Beitrag.
Rein subjektive, momentane Charakter-Beurteilungen, Verurteilungen und Analysen ersetzen nicht eine sachliche, überzeugende Argumentation, gefusst auf Beispielen.
beware, die ich sehr bewundere, schreibt von "schlechten" Kritiken von mir. Nun heisst es aber doch im Volksmund, das und das Theaterstück, die und die Story, bekamen eine schlechte Kritik. Also kann doch eine schlechte Kritik auch eine gute sein, und demnach gibt es gar keine "schlechten" Kritiken sondern nur schlechte Kritiken.
das hab ich so nicht geschrieben, eti.
"Veritas filia temporis nec autoritatis" heisst:
"Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit, nicht der Macht."
Das bedeutet, dass sich "die Wahrheit" im Lauf der Zeit aendern kann, so wie der Tenor der Kritik sich wandelt und es nicht darauf ankommt, von wem die Kritik stammt und wieviel Macht (Autoritaet) er (zB Reich-Ranicki) hat.
baer
Ich nehme an, Du meinst den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt.
Wie sich dessen Links betreffend Saumagenrezepten mit dem Thread hier vereinbaren lassen, hat mir Kopfzerbrechen bereitet.
Wer weiss, ob jemand, der s-pitzer S-tein sagt, sich ueberhaupt vorstellen kann, wo er Saumagen als Delikatesse findet?
Saluti della Toscana!
baer
Saumagen wird völlig überschätzt.
Will sich hier jemand eigentlich noch über "Kritik" unterhalten?
Oder hat jemand ein gutes Saumagen-Rezept?
Nico S.
Oft ist es auch gefaehrlich oder zumindest polarisierend, die eigene Meinung zu aeussern.
Sehr gut kann man das an Hand der gegenwaertigen Diskussion ueber "Was gesagt werden musste" von Guenter Grass beobachten.
Wenn schon ein anerkannter Literat gewisse Dinge einfach nicht sagen darf, um wie viel mehr kommt ein Kritiker in Teufels Kueche, wenn er das tut?
Da hilft das Berufen auf Autoritaeten. Politische Meinungen von Goethe sind Literatur, schwer angreifbar und so eine elegante Moeglichkeit, die eigene Meinung zu veroeffentlichen.
baer
Natürlich darf er. Er hat wohl auch mit diesen Reaktionen gerechnet. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer provoziert und in seiner Kritik heikle Themen anspricht, sollte sich über starke Reaktionen im Klaren sein. Erst mit voller Absicht Stänkern und dann überrascht über die Reaktionen sein - erst diese Kombination macht manche Kritik so schwer verdaulich.
Nico S.
Gunter Grass hat nicht gestänkert. Er hat nur einmal etwas offen ausgesprochen.
Und, lieber baer...Du schreibst ganz richtig: "Oft ist es auch gefaehrlich oder zumindest polarisierend, die eigene Meinung zu aeussern."
Lies dazu unter "Vorschläge und Kritiken" den Thread: "Betr: Dankbarkeit"
ZitatOriginal baer66
Oft ist es auch gefaehrlich oder zumindest polarisierend, die eigene Meinung zu aeussern.
Sehr gut kann man das an Hand der gegenwaertigen Diskussion ueber "Was gesagt werden musste" von Guenther Grass beobachten.
Wenn schon ein anerkannter Literat gewisse Dinge einfach nicht sagen darf, um wie viel mehr kommt ein Kritiker in Teufels Kueche, wenn er das tut?
Aber dazu gibt es doch die eigene Meinung. Oder habe ich etwas verpasst?
Wer den Mut hat, die eigene Meinung zu äußern, der hat auch i.d.R. keine Angst vor den Nachwehen. Und selbst wenn, die eigene Reputation wäre doch hier nur virtuell betroffen - sagtest du jedenfalls erst kürzlich in deinem Geschichtenthread.
ZitatOriginal baer 66
Da hilft das Berufen auf Autoritaeten. Politische Meinungen von Goethe sind Literatur, schwer angreifbar und so eine elegante Moeglichkeit, die eigene Meinung zu veroeffentlichen.
Sagen wir mal, es ist eine bequeme Möglichkeit. Einen lieben Gruß in die Toscana.
Wir im Süden sind eben höflich und bequem (man könnte auch sagen feig).
Das mit der virtuellen Betroffenheit stimmt natürlich.
baer
ZitatOriginal von eti
Gunter Grass hat nicht gestänkert. Er hat nur einmal etwas offen ausgesprochen.
Ja, so ist es. Aber bestimmte Dinge dürfen in Deutschland nicht offen ausgesprochen werden, dies vor allem dann nicht, wenn sie wahr sind - anders sind zum Teil beleidigen Reaktionen nicht zu verstehen. Das ist eh üblich: Wenn jemand eine Tatsache nicht widerlegen kann, dann greift er denjenigen persönlich an, der diese Tatsache ausgesprochen hat.
Günter Grass ergeht es nicht anders als manchen hier: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Genau so ist es. Das Gunter Grass Gedicht ist da nur ein Beispiel für viele andere. Selbst hier im Forum gibt es in der Hinsicht ja Berührungsängste.
Ich denke, es war Günter Grass klar, was da auf ihn zukommt, wenn er zu diesem Thema in dieser Weise den Mund aufmacht.
Doch weder die Aussage seines Gedichts noch die Reaktionen darauf haben das geringste mit literarischer Kritik zu tun.
Ich würde also vorschlagen, den Günter jetzt langsam wieder ruhen zu lassen in diesem Thread - es sei denn, er selbst entschließt sich kurzfristig, auch im SB zu veröffentlichen. Gegen einen eigenen zu dem Thema im Café Eros habe ich nichts einzuwenden, aber hier führt das zu einer gänzlich anderen Thematik.
Nico S.
Gerade das Beispiel "Was gesagt werden musste" zeigt eine Problematik auf, die in diesem und anderen Threads bereits angesprochen wurde.
Wollen wir hier im SB inhaltliche Kritik, also eine Auseinandersetzung über welche Inhalte wie geschrieben oder nicht geschrieben werden sollte oder wollen wir eine literarische Kritik über die Qualität der Geschichten oder "den Spaß", den sie machen?
Meine Meinung dazu habe ich mehrfach abgegeben: Es wäre schön, wenn im Rahmen der Thematik des SB (und natürlich der Gesetze) jeder schreiben könnte, was ihm gefällt. Rechtfertigung von Autoren über ihre Vorlieben sollten nicht nötig sein. Die Besprechung einer Geschichte hier dient dem Leser und dem Autor, der sich damit verbessern kann (wenn er das will!). Wir sind keine Literaturnobelpreisträger und unsere Stories daher nicht über jede Kritik erhaben.
baer
ZitatOrignial baer66
Meine Meinung dazu habe ich mehrfach abgegeben: Es wäre schön, wenn im Rahmen der Thematik des SB (und natürlich der Gesetze) jeder schreiben könnte, was ihm gefällt. Rechtfertigung von Autoren über ihre Vorlieben sollten nicht nötig sein. Die Besprechung einer Geschichte hier dient dem Leser und dem Autor, der sich damit verbessern kann (wenn er das will!). Wir sind keine Literaturnobelpreisträger und unsere Stories daher nicht über jede Kritik erhaben.
Genauso sehe ich das auch.
Und es wäre schön, würden wir uns auf die Geschichten und nicht auf die Kiritiken und damit die Kritiker konzentrieren könnten. Letzere wiederum spielen nämlich m. E. nur eine äußerst untergeordnete Rolle.
ZitatOriginal von baer66
Meine Meinung dazu habe ich mehrfach abgegeben: Es wäre schön, wenn im Rahmen der Thematik des SB (und natürlich der Gesetze) jeder schreiben könnte, was ihm gefällt. Rechtfertigung von Autoren über ihre Vorlieben sollten nicht nötig sein. Die Besprechung einer Geschichte hier dient dem Leser und dem Autor, der sich damit verbessern kann (wenn er das will!). Wir sind keine Literaturnobelpreisträger und unsere Stories daher nicht über jede Kritik erhaben.
Das kann ja jeder. Nur gilt dann gleiches Recht für alle. Auch Kritiker können alles ansprechen, solange es formal einigermaßen im Rahmen bleibt und mit dem Inhalt der Geschichte in erkennbarem Zusammenhang steht.
Ich habe mich da ja schon mehrfach geäußert: Als Mod und Vertreter des Betreibers werde ich Geschichten aus rein inhaltlichen Gründen äußerst selten löschen, auch wenn sich mir beim Lesen der Magen umdreht. Doch ich werde gleichzeitig im Forum auch nicht schweigen, wenn Themen und Verhaltensweisen geschildert ... und gefeiert ... werden, bei denen eben jener oben genannte Effekt eintritt.
Jeder, der eine Geschichte im SB veröffentlicht, wo es die Freiheit gibt, dies ohne Vorkontrolle zu tun, muss einfach damit rechnen, dass diese Freiheit, wie es unser neuer Bundespräsident so schön zu sagen pflegt, eben auch mit der Verantwortung für das Tun einhergeht.
Nico S.
Unsere Diskussion dreht sich irgendwie im Kreis. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, daß einige von uns zugleich Autoren, Leser und Kritiker sind.
Als Autor wollen wir, daß die Geschichte, also das Werk für sich selbst spricht. Als Kritiker möchten wir den (Mit)autor kritisieren. Natürlich soll es diese Freiheit geben.
Die Grundsatzdebatte, was hierher in den SB gehört, ist aber nicht "demokratisch" zu lösen. Der Betreiber bestimmt, was er auf seiner Seite haben will und was nicht. Punkt. So wie die Herausgeber der Süddeutschen Zeitung bestimmen, welche Gedichte sie abdrucken und welche nicht.
Ich hoffe, daß sich kein Autor davon abschrecken läßt, eine Geschichte zu publizieren, weil er fürchtet, kritisiert zu werden. Ich glaube es aber leider nicht ganz!
"Verantwortung" bei anonymen Nicks ist ohnehin nur sehr begrenzt möglich.
baer
Auf die Gefahr hin, daß ich wieder gescholten werde, zu viel zu zitieren, bringe ich im Anschluß Beispiele aus dem berühmten Verriß von Reich-Ranicki über den Roman von Günter Grass "Ein weites Feld" aus dem Jahr 1995.
Vieles läßt sich an Beispielen einfach besser erkennen als in apodiktischen Aussagen.
Der Verriß steht unter der Überschrift:
". . . und es muß gesagt werden"
und es lohnt sich, ihn ganz zu lesen!
baer
'Aber - fuhr er(Fontane) fort - "schlecht ist schlecht, und es muß gesagt werden. Hinterher können dann andere mit den Erklärungen und Milderungen kommen".'
Das ist für mich in Ordnung, wenn es gut begründet wird.
'Ich halte Sie für einen außerordentlichen Schriftsteller, mehr noch: Ich bewundere Sie - nach wie vor. Doch muß ich sagen, was ich nicht verheimlichen kann: daß ich Ihren Roman "Ein weites Feld" ganz und gar mißraten finde. Das ist, Sie können es mir glauben, auch für mich sehr schmerzhaft.'
Der Kritiker erklärt seine eigene Befindlichkeit. Nützt dem Leser nur, wenn er den Kritiker genau kennt. Sonst ist es pure Eitelkeit.
'Sie haben ja in dieses Buch mehrere Jahre schwerer und gewiß auch qualvoller Arbeit investiert. Sie haben, das ist unverkennbar, alles aufs Spiel gesetzt: Es ist das umfangreichste Werk Ihres Lebens geworden.'
Dieses Argument lese ich hier auch immer wieder. Ist es wirklich wichtig, wieviel Arbeit in einem Werk steckt?
'Was soll ich also tun? Den totalen Fehlschlag nur andeuten und Sie schonen, Sie also wie einen "matten Pilger" (auch ein Fontane-Wort!) behandeln? Nein, das nun doch nicht.'
Das wäre bei Amateuren eine Möglichkeit!
'Nur eins verspreche ich Ihnen: Wer hier auf boshafte Witze und auf hämische Seitenhiebe wartet, der soll nicht auf seine Rechnung kommen. Denn schließlich geht es um eine todernste Sache - jedenfalls für Sie.'
Eine der besten Aussagen des gesamten Kritik! Daran sollten wir uns auch halten!
'Wie beinahe alle erfolgreichen Autoren gelten auch Sie - diesen Ruf verdanken Sie natürlich Ihren Kollegen - als größenwahnsinnig.'
'Ich bin da ganz anderer Ansicht. Nicht Größenwahn, so will es mir scheinen, hat Ihre literarische Produktionskraft in den achtziger und in unseren neunziger Jahren stark beeinträchtigt, sondern eher Unsicherheit, genauer: mangelndes Selbstvertrauen.'
Wie einfühlsam. Solche Worte tun gut!
'Schriftsteller, die sich der Politik zuwenden, agieren so gut wie immer als Amateure - und wenn Sie Berufspolitiker werden, dann schaden Sie der Literatur, ohne der Politik zu nützen. Nein, Ihren Beruf wollten Sie im Ernst nie wechseln, aber an der Anerkennung als Politiker war Ihnen doch sehr gelegen.'
Prophetische Worte! Aber so etwas hat in einer Kritik nichts verloren. Es geht hier um den Autor, nicht um den Politiker GG.
'Willy Brandt suchte Ihren Ratschlag - und hat Sie bald bitter enttäuscht. Denn er brauchte Sie, solange er um die Macht kämpfte - und als er Bundeskanzler war, wollte er von Ihnen nichts mehr wissen. Irre ich mich, wenn ich vermute, Sie hätten dies nie ganz verwunden?'
Immer schlimmer! Der Autor soll sich als Person rechtfertigen. Der Kritiker stellt Fragen, anstatt die der Leser zu beantworten!
'Allerdings vertraten Sie Anschauungen, für die die Mehrheit kein Verständnis hatte. Sie blieben allein. Das spricht noch nicht gegen Sie.'
Zwar O.T., aber schön!
'Aber das hat Ihnen einen Schmerz zugefügt, mit dem Sie nicht zu Rande kommen konnten. Und haben Sie nicht gerade damals mit der Arbeit an Ihrem Roman "Ein weites Feld" begonnen? Man hüte sich, schrieb Schiller, "mitten im Schmerz den Schmerz zu besingen".'
R-R zitiert Schiller! Von wegen, man muß zitiert werden, wenn man berühmt sein will!
'Ihnen haben - und wer dürfte Ihnen das verübeln? - Kraft und Mut gefehlt und jene Risikobereitschaft, die nötig ist, wenn man vor einem leeren Blatt Papier sitzt und erzählen möchte.'
Schau, schau!
'Sie, mein lieber Günter Grass, meinten, Sie seien, um das Erlebte vergegenwärtigen zu können, auf einen zentralen, auf einen möglichst originellen, wenn nicht gar skurrilen Einfall angewiesen, einen Einfall, der Ihren Roman tragen und zusammenhalten sollte.'
Hätte R-R solche Einfälle, wäre er auch Kandidat für den Literaturnobelpreis!
'Statt alle Skrupel und Hemmungen zu überwinden (ich weiß schon: solche Skrupel und Hemmungen sind bei einem weltberühmten Autor, der nicht mehr der Jüngste ist, besonders groß) und über Personen, Schauplätze und Begebenheiten so direkt und deftig, so süffig und saftig zu schreiben, wie nur Sie es können, statt sich also für die Flucht nach vorn zu entscheiden, hielten Sie einen weiten Umweg für nötig.'
Als Schmeichelei verpackte Gemeinheit!
'In einigen Kapiteln Ihrer "Blechtrommel" und in "Katz und Maus" ist diese Naivität sehr wohl zu spüren. Später verkümmerte sie und kam Ihnen schließlich abhanden - und das ist, vielleicht, die Krux Ihrer Epik.'
Endlich einmal eine sachliche Aussage!
'Sie haben alles getan, was in Ihrer Macht war, um aus Ihrem Theo Wuttke, der Fonty genannt wird, nun nicht gerade eine Wiedergeburt, doch immerhin eine Art Doppelgänger unseres Fontane zu machen...'
Genau diese Art inhaltlicher Kritik ist es, die mE einem Kritiker nicht zusteht. Der Autor kann seinen Stoff frei wählen!
'Was soll das? Wollten Sie uns etwa beweisen, daß Sie es nicht besser machen können als Fontane? Da hatten wir ohnehin keine Zweifel.'
Absolut unpassend und unsachlich!
'Mit seiner Besserwisserei in Sachen Fontane und mit der ewigen Zitiererei geht der Bürobote Fonty allen auf die Nerven - wie jetzt ich Ihnen, mein lieber Grass.'
für beware
'Dagegen läßt sich nichts machen. Weil ich ein professioneller Besserwisser bin? Nicht nur. Sie können ja beinahe alles besser als ich.'
für mausbacher
'Doch gibt es etwas, was ich mit Sicherheit besser kann als Sie - nämlich Ihr Buch beurteilen. Der Grund ist sehr einfach: Ich habe es nicht geschrieben.'
Das unterschreibe ich!
'Bei Lichte betrachtet, gibt es eine Figur namens Fonty in dem Roman "Ein weites Feld" überhaupt nicht. Nur diesen Namen gibt es.'
Einfach frech!
'Da in Ihrem Roman sehr wenig geschieht und Sie Hunderte von Seiten mit Reflexionen und Mitteilungen, mit Diskussionen und Briefen füllen, brauchten Sie für Ihren Fontane-Narr Fonty einen ständigen Begleiter, einen Gesprächspartner.'
Gehässig, aber ok.
'Ihrem Miniatur-Faust wollten Sie einen kleinen Mephisto an die Seite stellen. Den haben Sie aber nicht erfinden wollen, vielmehr haben Sie sich ihn aus dem 1986 erschienenen Roman "Tallhover" des Kollegen Hans Joachim Schädlich geholt.'
Wir klauen eben alle!
'Jedenfalls war es eine fatale Idee, neben das künstliche Geschöpf im Mittelpunkt, neben Fonty also, noch eine Marionette hinzustellen. Das Unglück, das schon geschehen war, wurde verdoppelt.'
Böse, aber in Ordnung!
'Ein so sorgfältig kalkulierender Artist wie Sie, Günter Grass, mußte irgendwann die Fragwürdigkeit, ja die Unmöglichkeit dieser Konzeption schon merken.'
Argumentum ad hominem. Besonders perfide!
'Vor bald 30 Jahren meinte ich, im Grunde seien Sie, obwohl es ein Roman war, der Sie berühmt gemacht hat, doch vor allem ein Geschichtenerzähler. Früher habe ich es bedauert, daß Ihnen in Ihren Romanen (anders als in Ihren glänzenden Erzählungen "Katz und Maus" und "Das Treffen in Telgte") keine Ganzheit gelingen will, daß Sie meist nur Bilder, Szenen und Episoden aneinanderreihen. Jetzt bedauere ich, daß wir in dem "Weiten Feld" derartige in sich geschlossene Abschnitte vergeblich suchen.'
Wer einmal etwas veröffentlicht, muß sich noch in 30 Jahren daran messen lassen!
'Ihr Fonty, lesen wir, vertraute dem Ich-Erzähler an, "daß er sich leergeschrieben habe". Um Gottes willen, sollte das für Sie selber gelten? Fonty gesteht knapp: "Mein Wörtersack ist leer . . . Kein Funke will springen." Aber nein: Ihr Wörtersack ist nicht leer, er ist sogar prallvoll, sein Inhalt purzelt ununterbrochen heraus. Doch in der Tat will kein Funke springen. Bescheidener ausgedrückt: Meist ergeben die klangvollen Wörter und Wendungen erstaunlich wenig oder gar nichts. Deshalb müssen wir, Ihre mittlerweile leidgeprüften Leser, stöhnend in Kauf nehmen, daß Sie sich ständig wiederholen.'
Jetzt wird's ganz böse!
'Rundheraus gesagt: Sie überfordern die Geduld selbst Ihrer gutwilligsten Leser. Und ganz schlimm wird es, weil Ihr möglicherweise etwas seniler Oberlangweiler Fonty nicht aufhören kann, über die Romane und Novellen des von ihm so geliebten Fontane zu sprechen, richtiger: zu plappern. Er kennt sie alle, er informiert uns, die wir diese Romane ebenfalls und meist schon in unserer Jugend gelesen haben, über einzelne Figuren und Motive. Aber, mein lieber Günter Grass, ich kann es einfach nicht fassen: In Ihrem "Weiten Feld" finden sich Tausende von Sätzen über Fontanes Epik - und darunter, sage und schreibe, kein einziger, der originell oder geistreich wäre. Wie ist das möglich? Ich gebe zu, ich bin ratlos, ich habe keine Antwort auf diese Frage.'
Es geht doch noch tiefer!
./2
'Natürlich zitieren Sie Fontane ausgiebig - und so, wie die Dinge liegen, muß ich sagen: Je mehr in Ihrem Buch von ihm stammt, desto besser für uns und für Sie. Die Sache ist aber die, daß Sie die entliehenen Texte, woher Sie sie auch genommen haben (am häufigsten wohl aus seiner Korrespondenz), meist nicht kenntlich machen.'
Au weia!!!
'Ein Fontane-Forscher kann das vielleicht erkennen, ich kann es nicht immer. Denn, erstens, umfaßt das Werk Fontanes Zehntausende von Seiten, und, zweitens, imitieren Sie seinen Stil, zumal den Plauderton, gar nicht übel.
Wahrscheinlich sind Sie auf diese Leistung besonders stolz, ich hingegen würde auf sie gern verzichten.'
'Freilich könnten Sie sich auf Thomas Mann berufen: Er habe in seiner "Lotte in Weimar" authentische Äußerungen Goethes mit eigenen verbunden, ohne dies je erkennbar zu machen. Schon wahr, nur lautete meine Antwort: Leider, leider. Denn auch Thomas Mann hat mit dieser allzu bequemen Methode zur Verwirrung beigetragen.'
Kommt mir irgenwie bekannt vor!
'Mein lieber Günter Grass: Ich möchte nicht mit Ihnen über Ihre politischen Ansichten, die ich, verzeihen Sie, nicht immer ganz ernst nehmen kann, hier diskutieren. Es ist nicht meine Sache, Sie über die DDR zu belehren. Aber es ist mein Recht, mich zu wundern.'
Steht mE dem Kritiker nur begrenzt zu. Wundern darf er sich natürlich!
'Es grüßt Sie in alter Herzlichkeit Ihr Marcel Reich-Ranicki'
Das nenne ich Sarkasmus!