RTL startet 1990 eine neue Spielshow: Bei "Tutti Frutti" mit Hugo Egon Balder ziehen sich Frauen und Männer aus. Die Quote ist bombastisch, die Kritiken sind vernichtend.
"Cin Cin" heißt es am 21. Januar 1990 auf RTL. So beginnt die Titelmelodie zu einer neuen Sendung, über die ganz Deutschland sprechen wird. Völlig schmerzfrei präsentiert Hugo Egon Balder ein Trashformat, in dem es nur um eines geht: Ausziehen! In "Tutti Frutti" legen nicht nur Models die Kleider ab, sondern auch Kandidaten und Kandidatinnen. Die Mandys und Ronnys von nebenan zeigen sich im Leopardentanga. Zum ersten Mal werden den Zuschauern am Sonntagabend nackte Tatsachen präsentiert - und das bei einem etablierten Sender.
Die beiden Kandidaten, ein Mann und eine Frau, müssen sogenannte Länderpunkte erspielen. Dazu müssen sie nicht nur Fragen beantworten, sondern dürfen auch strippen. Das wirkt meist so unerotisch wie die "Liebesgrüße aus der Lederhose", die Sexfilmchen aus den 60er Jahren. Ungelenk und plump streifen sie zu "Miami Vice"-Musik ihre Klamotten ab. Je mehr sie ausziehen, desto mehr Punkte erzielen sie. Zum Glück gibt es noch das Früchte-Ballett. Junge Frauen, die nur leicht bekleidet sind und sich ebenfalls ausziehen, symbolisieren jeweils eine Frucht. Erdbeere oder die Zitrone tanzen und zeigen Brust. Nur die Brustwarzen bleiben oft neckisch von einer Frucht bedeckt.
Die neue Nacktheit ist ein Novum in bundesdeutschen Wohnzimmern. Obwohl die Spielregeln kaum verständlich sind und die Show als billige Massenware in einem Studio in Italien abgedreht wird - das Sperrholzambiente bezeichnet Balder damals als "Schrottbude" - ist "Tutti Frutti" ein voller Erfolg. Zwei Millionen Menschen schalten jede Woche ein. "Es war, als ob man ein Steak in den Zwinger wirft", wird RTL-Chef Helmut Thoma später sagen. Die Zuschauer verschlingen die Show.
"Tutti Frutti" leistet Pionierarbeit
Die Kritiken hingegen sind vernichtend. Handwerklich und ästhetisch sei die Show eine Katastrophe, da sind sich fast alle einig. Einige Moralapostel schreiben das Ende des Abendlandes herbei. Sie stellen die Frage, ob dieser Trash eine "Normalisierung öffentlich inszenierter Nacktheit" bedeutete oder das Ende von Anstand und Sitte. Doch die Show leistet erotische Pionierarbeit. Die Zuschauer bekommen, was sie sehen wollen – und nicht mehr das, was sie sehen sollen.
Drei Jahre und drei Staffeln hält der Hype um "Tutti Frutti" an. Dann verschwindet die Show ebenso schnell in der Versenkung, wie sie gekommen war. Für Erotik im Wohnzimmer sorgen längst Videorekorder und Bezahlsender. 2016 versucht sich RTLplus an einer Neuauflage der Show. Es bleibt bei einer einmaligen Ausgabe. "Cin Cin" ist TV-Geschichte.
13.10.2016, 09:50 Uhr
Cin Cin! Die legendäre Stripshow "Tutti Frutti" feiert ein Comeback. Anfang der 90er Jahre sorgte die Sendung mit Hugo Egon Balder für viel Aufsehen. Moderieren wird die Neufassung ein anderer.
Welche Frucht darf es denn sein? Die Erbeere, die Zitrone oder doch die Mandarine? Die Kultshow "Tutti Frutti" feiert ein Comeback. Das bestätigte eine RTL-Sprecherin dem stern. Demnach wird die Show auf dem Spartensender RTL Nitro ausgestrahlt. Die Neufassung von "Tutti Frutti" startet im Dezember.
"Tutti Frutti" ohne Hugo Egon Balder
Moderator Hugo Egon Balder, der die Show von 1990 bis 1994 in hundert Folgen moderiert hatte, wird allerdings nicht mehr mit dabei sein. Wer sein Nachfolger wird ist aktuell nicht bekannt. Zurückkehren wird allerdings seine damalige Assistentin Monique. Die inzwischen 49-jährige Holländerin übernimmt wieder die Rolle der zauberhaften Helferin.
Die Kultshow sorgte Anfang der 90er Jahre für viel Aufsehen. Die Sendung, die am späten Sonntagabend ausgestrahlt wurde, war die erste im deutschen Fernsehen, in denen Frauen und Männer sich - bis auf den Slip - auszogen. Kritiker störten sich nicht unbedingt an der nackten Haut, sondern an der billigen Ästhetik der Show und den absolut undurchsichtigen Regeln.
Kritiker störten sich an der Ästhetik
Ziel der Show war es, sogenannte Länderpunkte zu erspielen. In relativ einfachen Fragespielchen wurden Punkte verteilt, die dann in einzelne Stripperinnen investiert werden konnten. Die waren zur besseren Unterscheidungen in Früchte eingeteilt: Erdbeere, Zitrone, Mandarine oder auch Blaubeere. Zusätzliche Punkte konnten die Kandidaten einheimsen, wenn sie sich selbst auszogen. Die Regeln waren allerdings so kompliziert, dass sie kaum jemand durchschaute. Dem Erfolg der Show tat das keinen Abbruch. In Wahrheit ging es schließlich darum, nackte Haut zu sehen.
Das war zu früh gefreut – nix mit einer Neuauflage.