Nicht nur im alten Rom

  • Baer hat im Geschichten-Forum Folgendes geschrieben:

    Wie im alten Rom


    Skandale rund um Kaiserin Messalina


    Und so begann Messalina selbst Feiern und Bankette abzuhalten.
    Beschrieben wurde diese als opulente und zügellose Orgien. Auch werden
    der jungen Kaiserin mehrere Liebhaber nachgesagt. In ganz Rom wird auch
    öffentlich Kritik an der Vergnügungssucht der Messalina geübt. Die
    Kritik wird auch immer lauter. Angeblich soll die schöne Kaiserin Dienst
    in einem Bordell getan haben, selbst eine Art Privatbordell im Palast
    eröffnet haben und auch andere vornehme Damen daran beteiligen.


    Von einer Reaktion ihres Mannes Claudius auf diese Anschuldigungen
    ist nichts bekannt. Weder verwarnte er Messalina noch rief er sie
    sichtbar oder gar wirkungsvoll zur Ordnung. Bekannt ist nur, dass der
    Senat Messalina den Ehrentitel Augusta verleihen wollte, was Claudius
    aber unterband bzw. verbot.


     


    Dazu sage ich: Nicht nur im alten Rom ging es hoch her, auch über den neuen gibt es kaum weniger zu berichten. Und um ins Gespräch zu kommen, muss man nicht einmal Kaiserin sein: Schülerin genügt – Zitat aus der Süddeutschen Zeitung von heute:

    "Kann ich da nichts machen? Lässt sie sich von mir entjungfern?", fragt der Bauunternehmer mit Codenamen "Bambus". Seine damals 15 Jahre alte Gesprächspartnerin "Azzurra" meint, da lasse sich schon was machen mit ihrer Freundin: für vier Gramm Kokain plus 100 Euro und Taxigeld. Das war dann der Preis für die Unschuld einer 14-Jährigen.


    Der Telefondialog geht aus Ermittlungen in einem Fall hervor, der nicht nur in den edlen Palazzi im römischen Stadtteil Parioli die Menschen verstört; er ist ein großes Thema in der ganzen Hauptstadt und darüber hinaus: ein Prostitutionsring, in dem eine 14-Jährige "Aurora" und die nun 16-jährige Azzurra Hauptfiguren sind.
    (…)
    Allem Anschein nach fühlten sich die Teenager nicht als Opfer, sondern als ziemlich cool. Vor allem Azzurra. Zufällig wollen die Mädchen im Internet auf die Verdienstidee gekommen sein, Azzurra habe im Netz die nötigen Kenntnisse erworben und dann Aurora angelernt. 300 Euro wurde der Preis für beide.
    (…)
    Vor allem aber ist klar, dass vielleicht Azzurra ein spezieller Fall ist, aber das Phänomen an sich keine extreme Ausnahme: Immer wieder wird bekannt, dass junge Mädchen fürs Aufladen des Prepaid-Handys sich überzeugen lassen, Sexfotos oder sexuelle Handlungen zu bieten.
    (…)
    Sie verbänden Sex nicht unbedingt mit Gefühl, Beziehung, nicht einmal Vergnügen. Für sie sei er etwas, das Macht verleiht. Ein Soziologe sieht zwei Generationen versagen: Eltern, die keine Verantwortung übernehmen, und Kinder, die in der Krise die Hoffnungen für ihr Leben aufgegeben, sich mit "Brosamen" begnügten.


    Und dann ist da das finstere Universum der Freier. Einige sollen verzichtet haben, weil die Mädchen zu jung waren. Die meisten aber ignorierten das, oder es war genau ihr Kick. Nun müssen die Nerven blank liegen bei Dutzenden skrupelloser Männer. Die Polizei hat bereits 20 Kunden identifiziert. Mit weiteren Festnahmen wird gerechnet.


    Wenn man Berichte über Berlusconi (als Regierungschef) und seine Partys hinzunimmt, dann stellt man fest: Es hat sich (fast) nichts geändert. Seit 2000 Jahren nicht.

    In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede. Aber sobald es sich um die Wollust handelt, geht der Lärm los. - Marquis de Sade in Justine oder die Leiden der Tugend

  • Erpan hat ganz recht: "Es hat sich (fast) nichts geändert. Seit 2000 Jahren nicht."


    Das macht auch das Lesen der antiken Schriftsteller und die Vergleiche mit der heutigen Zeit so interessant.
    Wir brauchen uns nichts einzubilden. (Fast) alles war schon mal da!


    baer

    Lector, intende,
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  • Hab nie etwas anderes behauptet!
    Wer vergleicht hier dauernd? ;) 
    Verwechslungsgefahr mit einem User, der seit 2010 inaktiv ist, besteht wohl nicht!


    baer


    P.S.: Die Suchfunktion "Durchforsten nach Author" zeigt nach den Geschichten von "Baer" meine als von "Baer66" an.
    Wenn's nicht so mühsam wäre, würd ich wahrscheinlich mit "Baer" signieren! ;) 
    So wie z.B.: Benedikt p.p. statt Benedikt XVI. :D


    Baer e.h.

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  • Die wahren Gründe des Untergangs Roms


    Von "spätrömischer Dekadenz" sprach FDP-Chef Westerwelle im Zusammenhang mit seinen Vorstellungen über Hartz-IV-Empfänger.


    Den Begriff "décadence" prägte Nicolas Boileau im 17. Jahrhundert;
    Montesquieu und Edward Gibbon wendeten ihn auf den Untergang des
    Römischen Reiches an, mit dem er seither untrennbar verbunden ist.
    Dahinter steht eine Weltsicht, derzufolge jedes soziale Gebilde einem
    natürlichen, zwangsläufigen Entstehungs- und Verfallsprozess unterliegt.
    Dazu gehört, dass die ursprünglich zum Aufstieg beitragenden
    Eigenschaften nach einer Phase der Blüte in die Degeneration umschlagen.


    Die im Überfluss lebende Elite neigte offenbar zu Exzessen, die ihre
    Urteilsfähigkeit trübten und die Verteidigungsbereitschaft Roms
    schwächten – wobei man vorsichtig sein muss: Die in Hollywood so
    beliebten Ausschweifungen und Orgien gehen auf zeitgenössische
    Beschreibungen zurück, die oft von politischen Interessen gefärbt sind.


    "Luxus ist ein süßes Gift, das man viel leichter anklagen als vermeiden kann."



    Die Parallelen sind augenfällig, oder?
    Und auch wenn der humanistisch gebildete deutsche Außenminister das erkannt hat und dafür viel geprügelt wurde, ist es dennoch richtig!


    baer

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  • Verstehe, dir kommt es nur drauf an, dass der Arsch rot und dein Schwänzchen drin ist. :D


    Es bleibt aber dabei, Baer ist Baer und du bist und bleibst der kleine baer66.


    Und wenn dir das nicht passen sollte, ich gab dir den Nick nicht. :P

  • Bin mit meinem Nick sehr zufrieden, lieber Peter Mausbach! ;)


    Aber in diesem Thread geht's doch um Zustände wie im alten Rom.
    Catull nannte Julius Caesar "Schwänzelchen".


    baer


    Non ita me di ament quicquam referre putavi,
    utrumne os an culum olfacerem Aemilio.


    Quem siqua attingit, non illam posse putemus
    aegroti culum lingere carnificis?

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  • Ach so, wie im alten Rom.


    Caligula, das Stiefelchen:


    Gewalt









    Aureus des Caligula, auf der Rückseite Caligulas Vater Germanicus



    Hauptgrund der Verschwörung war Caligulas ausufernde Anwendung von Gewalt, vor allem gegen Senatoren:
    Der Kaiser ließ die Hochverratsprozesse, die nach dem Tod des Tiberius
    vorübergehend ausgesetzt wurden, etwa gegen Mitte der Regierungszeit in
    großem Umfang wieder aufnehmen. Mindestens 36 Fälle teils grausamer
    Hinrichtungen oder anderer schwerer Bestrafungen wie der Verbannung
    sind literarisch unter Angabe des Namens belegt, wobei es sich bei
    diesen Opfern in der Regel um Angehörige der Oberschicht, teilweise auch
    um Soldaten oder Bühnendarsteller handelte.[12]
    In einigen Fällen ließ Caligula Senatoren foltern, die rechtlich
    grundsätzlich vor der Folter immun waren. Hierzu boten allerdings die
    Hochverratsgesetze einen gewissen rechtlichen Spielraum. Sueton erwähnt
    die Ermordung von Verbannten, ohne allerdings konkrete Fälle anzuführen.[13]
    Caligula mag durch seine Jugenderfahrungen ein übertriebenes
    Bedrohungspotenzial wahrgenommen haben. Durch die anfänglichen Prozesse
    wuchs auch die tatsächliche Gefahr eines Mordanschlages.


    Dem Kaiser wird daher das Motto oderint, dum metuant (zu dt.: Sollen sie mich doch hassen, solange sie mich fürchten)[14] zugeschrieben, das auf ein Zitat einer Tragödie des Lucius Accius
    zurückgeht. Hierin spiegelt sich der politische Stil der autokratischen
    Herrschaft, die Widerstand durch Gewalt bekämpft, anstatt durch
    Konsensbildung oder zumindest deren demonstrative Zurschaustellung ein
    derartiges Risiko zu verringern sucht. In ähnlicher Weise soll Caligula
    geäußert haben: „Hätte das Volk von Rom doch nur einen einzigen Nacken! [… damit ich es mit einem Mal erwürgen kann]“.[15]
    Wörtliche Zitate in der antiken Literatur sind allerdings in ihrer
    Historizität fragwürdig; sie dienten dazu, den Charakter einer Person
    pointiert zum Ausdruck zu bringen.[16]


    Hinrichtungen von Senatoren werden beinahe ausnahmslos als
    Willkürakte des Kaisers beschrieben, der entweder aus sadistischer
    Mordlust oder in Reaktion auf geringfügige Vergehen (wie Kritik an der
    Kleidung des Kaisers) handelte. Das Gleiche gilt für grausame Tötungen,
    besonders im Umfeld des nichtaristokratischen Kaiserhofs, bei denen der
    Kaiser seinen Anspruch auf totale Ermessensfreiheit zynisch zum Ausdruck
    brachte. Abweichend davon lässt sich aus der allgemeinen
    Regierungsrichtung vermuten, dass es Caligula letztlich mehr oder
    weniger um eine systematische Entmachtung des Senats ging, indem er
    einige Senatoren beseitigen ließ und die übrigen einschüchterte. Für
    diese Annahme sprechen Auffälligkeiten seiner Regierung, die im
    Folgenden diskutiert werden.


    Es finden sich außerdem überlieferte Berichte von Zwangsprostitution
    und Vergewaltigungen seitens des Kaisers, denen Angehörige der
    Oberschicht zum Opfer fielen. In der Forschung werden jedoch einige
    Berichte über Caligula (und andere Kaiser) in ihrer Historizität
    angezweifelt und dem Bereich der Tyrannentopik
    zugewiesen, da sich auch bei anderen negativ bewerteten Herrschern der
    römischen und vorrömischen Antike vergleichbare Berichte in auffälliger
    Weise wiederholen. Unbestätigte Gerüchte
    sowie literarische Bearbeitungen, z. B. im Rahmen von Tragödien, oder
    Bezugnahmen auf typologisch vergleichbare Herrscherpersönlichkeiten
    finden oft als historische Berichte Eingang in die Literatur. So geben
    einige Geschichtsschreiber in methodischen Abschnitten darüber Auskunft,
    dass fiktionale Elemente zur nachdrücklichen Charakterisierung einer
    Person legitim seien. Nur selten lässt sich allerdings mit letzter
    Sicherheit entscheiden, was zu diesem Bereich zu zählen ist, so dass
    sich gerade im Falle Caligulas eine Reihe historischer Probleme ergeben. (sorgfältigst aus wikipedia)

  • Ganz genau, mausbacher!
    Und fällt Dir da nicht gleich ein Zeitgenosse ein, der in seinem Reich ähnliche Zustände hat, oder gar mehrere?


    "Es finden sich außerdem überlieferte Berichte von Zwangsprostitution
    und Vergewaltigungen seitens des Kaisers, denen Angehörige der
    Oberschicht zum Opfer fielen."


    Das macht sich natürlich im Film gut und ist auch die meistzitierte Szene.
    Erinnert ein wenig an die Gerüchte über Tiberius auf Capri.
    Dennoch: "Wie sich die Bilder gleichen..."


    baer

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  • Ich halte die Theorie, Dekadenz hätte zum Ende des römischen Reiches geführt, für nicht haltbar. Dies vor allem deswegen nicht, weil nach den Kaisern wie Tiberius, Caligula und Nero das römische Reich im Westen noch 400 weitere Jahre existierte, das im Osten noch 1000 Jahre mehr.


    Eine der Ursachen des Untergangs dürfte das geänderte Klima sein – es wurde kälter –, was vor allem westliche und nördlichen Provinzen in Britannien, Gallien und Germanien traf, während überwiegend südlich liegenden diese Probleme nicht bzw. nicht in dem Umfang hatten.


    Nach den Wirren der Soldatenkaiser wurde das Reich quasi geteilt: Es war nominell ein Reich mit 2 Kaisern. Allerdings konnte sich das oströmische Reich auf gebildete Griechen stützen, während im Westen das nicht bzw. weniger der Fall war, was natürlich Folgen hatte.


    Eine weitere Ursache dürfte im Christentum liegen, weil dieses, erstens, sobald (im Jahr 380) zur alleinigen Staatsreligion geworden, rabiat gegen Andersgläubige vorging, was das Reich im Innern schwächte, und, zweitens, im Westen nun Papst residierte, der die Macht des West-Kaisers z.B. durch Drohung der Exkommunikation schwächte und durch die Behauptung, göttliches Recht stehe über das des Kaisers, weiter aushöhlte. Dies alles aber galt nicht für den Kaiser im weit entfernten Osten – dort blieb der Kaiser weiter der unumschränkte Herrscher.


    Das Papsttum suchte seine Macht in der Spätantike und dem Mittelalter zu stärken und zerstörte dazu gezielt die konkurrierende heidnische Kultur, während im Osten die antike Welt mit vielen bis dahin erreichten Errungenschaften weiter lebte. Erst die Renaissance brachte auch im Westen eine Wende herbei.


    Man sieht: Mit Kultur und Kunst lebt man länger.

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  • Der maßgebliche Autor für diesen Begriff im Zusammenhang mit dem Alten Rom ist Edward Gibbon.
    Erpan hat einige seiner Hauptaussagen gut wiedergegeben.
    Für Gibbon beginnt die "Spätrömische Dekadenz" aber nicht mit den ersten Kaisern, sondern erst mit dem Tod Mark Aurels (AD 180).


    baer


    Edward Gibbon


    In seinem bekanntesten Werk The History of the Decline and Fall of the Roman Empire beschrieb Edward Gibbon die allmähliche Auflösung des Imperium Romanum vom Tode Mark Aurels bis zum Untergang des Byzantinischen Reiches. Diese Zeitspanne teilte er in drei Phasen ein.

    • In der ersten, bis zum Beginn des sechsten Jahrhunderts reichenden Periode führten die Goten- und Hunnenstürme zur Schwächung der Macht Roms und zu dessen Zerfall in Einzelreiche.
    • Die zweite Periode begann mit Justinian I., der in seiner Regierungszeit durch Kriege und geschickte Außenpolitik sowie durch innenpolitische Maßnahmen die Herrschaft des römisch-byzantinischen Reiches noch einmal stabilisieren konnte. Diese bis zur Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800 reichende Phase war u. a. durch die Invasion der Langobarden und die Islamische Expansion gekennzeichnet.
    • In der dritten Phase schließlich verfielen die Sprache und die Sitten Roms vollends, und mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahre 1453 wurde die Reichsidee endgültig aufgegeben.

    Durch das ganze Werk Gibbons zieht sich leitmotivisch der Gedanke, dass die Geschichte seit dem 2. Jahrhundert. dem Niedergang (decline) unterworfen sei. Gibbons wollte mit seinem Werk den „Triumph der Unkultur und der Religion“ beschreiben.
    Gibbons Herangehensweise war für die damalige Historiographie neu,
    indem er die Kontinuität der Geschichte über einen sehr langen Zeitraum
    verfolgte. Ebenfalls neu und überraschend war seine Bewertung des Christentums
    als mitverantwortlich für den Verfall der Kultur. Vor allem von
    theologischer Seite wurden Kapitel seines Buches angegriffen, in denen
    Gibbon auf kriegerische Auseinandersetzungen der Christen mit Heiden und Aberglauben, auf seinen religiösen Fanatismus und auf die Massaker hinwies, die auf die Ausrottung häretischer Bestrebungen zielten.

    In der neueren Forschung wird jedoch bezüglich der Spätantike
    von Gibbons (wie auch Montesquieus) Theorien allgemein Abstand genommen
    und es werden neue, differenziertere Erklärungsmuster für den Untergang
    Westroms und die Transformation des Ostreichs entwickelt.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Dekadenz

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