"Aus dem Stehgreif ein Gedicht zu verfassen ist gar nicht so einfach. Deshalb findest du hier eine kleine Anleitung zum Dichten, für den Fall, dass du selbst kreativ werden, und ein Gedicht schreiben möchtest. Natürlich kannst du auch gerne ein Gedicht aus der Datenbank nehmen, such dir dazu ein Thema aus dem rechten Menü aus und verschenk ein einzigartiges Gedicht, ein beliebtes Gedicht der Klassiker, oder lass dich für dein eigenes Gedicht inspirieren.
Möchtest du selber ein Gedicht schreiben, dann kann dieses Gedicht etwas sehr persönliches sein. Vor allem dann, wenn du, als Dichter, und die Person, die es bekommt, sich sehr nahe stehen. Es mag zwar ein klein bisschen mehr Aufwand sein, selbst ein Gedicht zu verfassen, aber es lohnt sich immer.
Wie fängst du ein Gedicht an?
Als erstes brauchst du natürlich eine ungefähre Idee, wovon dein Gedicht handeln soll. Stell dir am besten ein paar Fragen:
- Für wen soll das Gedicht sein?
- Was ist der Anlass? Weshalb schreibst du das Gedicht?
- Welches Gefühl möchtest du vermitteln? Welche Stimmung willst du verbreiten?
- Welche Erinnerungen verbinden dich mit der beschenkten Person?
Außerdem gilt es zu entscheiden, welche Form von Gedicht du schreiben möchtest. Für den Laien gibt es da zwei grobe Blöcke: das gereimte und das ungereimte Gedicht.
Auf den ersten Blick mag das gereimte Gedicht schöner und einfacher erscheinen. Das ist, wie wir später noch sehen werden, nicht wirklich der Fall, aber vielleicht gerade deswegen die angesehenste Form. Vielleicht möchtest du dich auch, oder gerade deshalb, in die experimentelle Ebene der Gedichte begeben? Für manch Einen, gehört so ein Gedicht nicht Mal zu den "richtigen" Gedichten dazu. Sie sind aber wegen ihrer Freiheiten wesentlich einfacher zu handhaben.
Versmaß und Reim, was für ein Gedicht darf's sein?
Reimen im Gedicht ist im allgemeinen eine sehr schwierige Angelegenheit. Allerdings nicht weil es unbedingt schwierig wäre Wörter zu finden, die sich reimen. Wer hat nicht schon Mal "Herz" auf "Schmerz" gereimt?
Aber das birgt auch schon das eigentliche Problem: Viele Wortkombinationen sind einfach schon so ausgelutscht, dass es gar keinen Spaß mehr macht sie zu lesen. Sie haben durch den häufigen Gebrauch im Gedicht, ihr eigentliches Gefühl verloren.
Dazu kommt, dass es oft schwierig ist, halbwegs normale Sätze zu formulieren, wenn du bei deinem Gedicht im Versmaß bleiben möchtest.
Was ist eigentlich Versmaß?
Versmaß ist, wenn der Rhythmus in deinem Gedicht stimmt. So einfach das klingt, so schwierig ist es auch. Ein erstes Gefühl von Versmaß bekommst du, wenn du Silben zählst:
Mit dem Dichten fängt man an (7 Silben)
wenn man Silben zählen kann. (7 Silben)
Aber Silben zählen ist nicht alles. Wenn du in deinem Gedicht gereimte Worte aneinander reihst, spielt auch die Betonung eine große Rolle.
Betonung und Stolpersteine
Ist zwar die Silbenzahl konstant, aber die Betonung falsch gewählt, passiert es schnell, dass der Leser - im wahrsten Sinne des Wortes - beim Lesen deines Gedichts über Wörter stolpert. Das kommt Zustande wenn er Wörter plötzlich ganz anders betonen muss, als im normalen Sprachgebrauch. Dabei stimmen zwar die Silbenzahlen überein, allerdings ist der Rhythmus völlig unnatürlich.
Als kleine Hilfestellung kannst du beim Entwickeln von deinem Gedicht die betonten Silben anstreichen, und zusehen, dass die Betonung in allen Zeilen gleich bleibt.
Húnde sínd der
Stúndenkínder
Spíelgefáhrten
In diesem Beispiel-Gedicht findest du allerdings einen anderen Stolperstein. Wortfolgen wie "sind der" können durch den doppelten Buchstaben - am Ende bzw. Anfang des Wortes - Zungenbrecher darstellen.
Selbstverständlich gibt es, wie zu jeder Regel, auch hier Ausnahmen. Du kannst nämlich auf das Silbenzählen unter Umständen sogar vollständig verzichten, solange du in deinem Gedicht einen wohlklingenden, und eingängigen Rhythmus beibehältst:
Es sind der Kinder viele(7 Silben)die er zu seinen zählt(6 Silben)doch gemacht war'n sie im Spiele (8 Silben)er wurd mit niemandem vermählt(8 Silben)
Immer nur dasselbe?
Müssen denn wirklich alle Zeilen in deinem Gedicht dieselbe Silbenzahl und die gleiche Betonung haben?
Nein!
Es gibt viele verschiedene Schemen, mit denen du dein Gedicht formen kannst, die alle aufzuzählen an dieser Stelle zu weit führen würde. Erwähnt seien hier die häufigsten - damit aber gelegentlich auch als langweilig angesehenen - Muster:
A: a/a/b
B: a/b/a
A: a/a/b
C: a/b/a/b
A: a/a/b
D: a/a/b/b
A: a/a/b
E: a/b/b/a
A: a/a/b
F: a/b/c/b
A: a/a/b
...
Was sollen diese Buchstaben?
Jeder Großbuchstabe steht für eine einzelne Strophe in deinem Gedicht. Die Buchstaben sind gleich wenn die Kleinbuchstaben - also das Reimschema - gleich sind. Dieses Gedicht hat also bisher elf Strophen insgesamt und darin enthalten sind sechs unterschiedliche Reimschemen.
Anmerkung: Die meisten Gedichte verwenden nur ein Strophenschema (z.B.: A/A/A/A/A).
Jeder Kleinbuchstabe wiederum steht für eine einzelne Zeile in der jeweiligen Strophe. Sind die Kleinbuchstaben gleich, dann reimen sich die entsprechenden Zeilen aufeinander, sind sie verschieden, dann reimen sich die Zeilen nicht.
Zur Verdeutlichung: Alle bisherigen Beispiele haben nur eine Strophe. Das erste Gedicht-Beispiel, hat die Form a/a, das "Stundenkinder"-Beispiel ist vom Typ a/a/b und das "Kinder"-Beispiel besteht aus a/b/a/b.
Es steht dir natürlich frei, in deinem Gedicht das Schema und die Strophen zu variieren bis es dir gefällt. Du kannst dabei auch frei stehende Zeilen verwenden, die nicht zu den einzelnen Strophen gehören z.B.: A/A/b/A/A/b/A/A/b, oder: B/B/B/B/B/c, je nachdem welchen Effekt du erzielen willst.
Insbesondere rhythmisch abgesetzte Zeilen am Ende von deinem Gedicht, können benutzt werden, um noch einmal die Kernaussage zu verdeutlichen.
Wenn du in deinem Gedicht nicht nur auf den Reim sondern auch auf diese Ordnung verzichtest, befindest du dich schon im experimentellen Bereich der Poesie auf den ich hier nicht näher eingehen möchte. Denn die oberste Regel bei einem experimentellen Gedicht lautet: "Es gibt keine Regeln".
Gedicht ohne Reim
Wie schon gesagt, ist das Dichten mit Reimen keine einfach Angelegenheit. Nur all zu leicht hört sich das Ganze an wie eine Waschmittelwerbung, oder ein nerviger Kindervers.
Darum ist es häufig einfacher, dein Gedicht ohne Reime zu verfassen.
Dadurch wird aber der - ohnehin schon unglaublich wichtige - Rhythmus, noch wesentlich bedeutungsvoller. Brüche im Betonungsmuster sind bei dieser Art von Gedicht so gut es nur geht zu vermeiden, wenn du sie nicht absichtlich als Stilmittel einsetzen möchtest.
Denn durch solche Brüche in deinem Gedicht, kann leicht die ganze, mühsam aufgebaute Stimmung, verloren gehen. Außerdem solltest du bei deinem Gedicht sehr darauf achten, dass du bei der Verwendung von Metaphern nicht zu sehr in Klischees abrutschst. Spätestens bei dem zwölften Gedicht in dem "deine Augen wie Sterne glitzern", wird sich selbst der geneigteste Leser denken: "Hatten wir das nicht schon einmal?"
Sag in deinem Gedicht was du willst, aber mit Gefühl!
Wie fade und abgestanden kann selbst das mitreißendste Thema sein, wenn man es vorträgt, als hätte man eine ganze Scheibe trockenes Brot im Mund.
Du hast Gefühle, also bring sie auch in dein Gedicht ein!
Ein Gedicht wird gerade dann am Besten, wenn es in einer emotionalen Extremsituationen entsteht. Ganz einfach, weil man dann die Gefühle gar nicht draußen halten kann. Extreme schaffen Gefühl!
Sei einfach ehrlich. Wenn du das, was du schreibst wirklich erlebt, oder echt empfunden hast, dann ist das bereits die halbe Miete um ein ansprechendes Gedicht zu schreiben. Respektiere deinen Leser, halte ihn für mindestens so intelligent wie dich selbst und ihm wird dein Gedicht gefallen. Aber er merkt auch sofort, wenn das, was du vorgibst erlebt zu haben, nur halbherzig dahin geschrieben ist. Schreib also ein Gedicht über dich selbst und je verletzlicher du dich dabei machst, desto eher wird es ankommen.
Wort-Gedicht
Es gibt auch Gedichte, die nur aus Assoziationsketten bestehen. Scheinbar sinnfrei aneinander gehängte Worte, die aber in ihrer Gesamtheit ein Muster, oder eine Emotion erzeugen, vielleicht sogar eine Botschaft übermitteln.
Sei experimentierfreudig.
Finde in deinem Gedicht Wortkombinationen, die vor dir noch nie jemand zusammengefügt hat, und sieh zu wo es dich hin trägt.
Gedicht-Hilfe und mehr
Ein Gedicht zu schreiben ist eine Kunst. Jeder Mensch liest jedes Gedicht der Welt vollkommen anders. Schon allein deshalb, weil er die Interpretation aus einem komplett anderen Erfahrungsschatz heraus betreiben muss.
Ein Gedicht wird niemals jedem gefallen, und sicherlich auf vielmehr Kritik treffen, als eine Kurzgeschichte oder ein Roman, der dasselbe
Thema mit dem gleichen Konsenz behandelt. Darin liegt die Schwierigkeit, aber auch der Reiz.
Lass dich nicht entmutigen, nimm Kritik entgegen, verwerte was du brauchen kannst und nimm den Rest als Meinung hin." (gedicht-schreiben.de)